In diesem Kapitel wird einleitend erläutert, warum es wichtig ist, die Rechtsetzung auf Wirksamkeit auszurichten. Anschließend wird untersucht, wie Regelungen unter dem Gesichtspunkt der Wirksamkeit konzipiert und überprüft werden können. Dazu gehört es, Gesetzesfolgenabschätzungen und Ex-post-Evaluierungen durchzuführen und alternative Lösungen aufzuzeigen und zu bewerten. Im nächsten Abschnitt wird erörtert, wie Regelungen risikobasiert und durch gemeinsames Handeln – sowohl innerhalb der Länder als auch grenzüberschreitend – umgesetzt werden können. Im letzten Teil des Kapitels geht es dann um den Aufbau von ausreichend mit Kompetenzen, Ressourcen und Legitimität ausgestatteten Institutionen, die effektiv Evidenz sammeln und nutzen, um verlässliche Entscheidungen zu treffen.
OECD‑Ausblick Regulierungspolitik 2025 (Kurzfassung)

5. Rechtsetzung auf Wirksamkeit ausrichten
Copy link to 5. Rechtsetzung auf Wirksamkeit ausrichtenAbstract
Wichtigste Erkenntnisse
Copy link to Wichtigste ErkenntnisseEvidenzbasierte Rechtsetzung hilft, Unsicherheit zu beseitigen und die versprochenen Effekte zu erzielen, sei es Menschen vor Schaden zu bewahren, Klimaneutralitätsziele zu erreichen oder das Unternehmenswachstum zu fördern. Umfassende und verlässliche Daten versetzen staatliche Stellen in die Lage, die Wirkung von Regelungen in der Praxis besser zu antizipieren, entsprechend zu planen und auf die Effekte zu reagieren. Eine Garantie, dass die gewünschte Wirkung erzielt wird, kann es nicht geben. Evidenz ermöglicht es den zuständigen Stellen jedoch, im Fall unvorhergesehener – möglicherweise auch sehr schwerwiegender – negativer Auswirkungen klarsichtig zu handeln. Außerdem stärkt solide Evidenz die Glaubwürdigkeit der Entscheidungen, die die zuständigen Stellen bei der Gestaltung und Umsetzung der Regelungen treffen, und festigt damit das Vertrauen der Öffentlichkeit in diese Entscheidungen.
OECD-Daten zeigen, dass die Mitgliedsländer die genutzte Evidenzbasis in den letzten zehn Jahren ausgeweitet haben, um sicherzustellen, dass Regelungen die gewünschte Wirkung zeigen:
Bei der Ausgestaltung von Rechtsvorschriften berücksichtigen die Länder heute neben Daten über die wirtschaftlichen Auswirkungen zunehmend auch Evidenz zu möglichen sozialen und ökologischen Effekten.
Inzwischen prüfen fast zwei Drittel der OECD-Mitglieder systematisch, ob die bevorzugte regulatorische Option tatsächlich besser ist als nicht regulatorische Alternativen.
Immer mehr OECD-Länder führen systematisch Post-Implementation-Reviews durch, u. a., um die tatsächlichen Auswirkungen mit der beabsichtigten Wirkung zu vergleichen und um unbeabsichtigte Folgen von Regelungen zu erkennen.
Die meisten Länder verfügen inzwischen zumindest über ein paar Mechanismen, um auf subnationaler Ebene die Kohärenz zu fördern und Best Practices zu verbreiten. Die Verknüpfung mit der globalen Evidenzbasis ist jedoch nach wie vor vergleichsweise schwach ausgebildet. Dieses Kapitel liefert Beispiele dafür, wie durch Dialog und Koordinierung auf internationaler Ebene sichergestellt werden kann, dass Regelungen bei grenzüberschreitenden Herausforderungen die gewünschte Wirkung haben.
Damit auch künftig positive Effekte erzielt werden, muss der Fokus auf bestimmten Schlüsselaspekten liegen:
Wirkungsmonitoring und Erfolgsmessung bereits im Vorfeld planen. Die Politikverantwortlichen müssen frühzeitig prüfen, welche Art von Informationen sie von den Normadressaten – Privatpersonen ebenso wie Unternehmen – benötigen, um die Wirkung der Regelungen zu beobachten. Durch die Festlegung klarer Benchmarks und Leistungsindikatoren bei der Gestaltung der Regelungen – was in weniger als der Hälfte der OECD-Länder geschieht – können die zuständigen Stellen nach der Umsetzung messen, ob die Regelungen wie gewünscht wirken.
Die Wirkung von Regelungen durch risikobasierte Rechtsdurchsetzung und Kontrollen maximieren. Daten- und Risikoanalysen tragen dazu bei, die Lücke zwischen Konzeption und Umsetzung zu schließen, indem sie Bereiche mit erhöhtem Risiko aufzeigen, in denen Regelverstöße besonders folgenschwer wären. So können die politisch Verantwortlichen negative Effekte durch entsprechende Planung mindern. Risikoanalysen können auch erheblich dazu beitragen, Regelverstöße vorherzusagen und so die Ressourcen für die Rechtsdurchsetzung zu optimieren. Außerdem werden die Unternehmen dadurch ermutigt, interne Risikomanagementpraktiken zu entwickeln, und auch die Zusammenarbeit und das Vertrauen zwischen den zuständigen Stellen und den Normadressaten werden gefördert. In den meisten OECD-Ländern besteht noch Spielraum, die Wirkung der Regelungen durch risikobasierte Rechtsdurchsetzung zu maximieren, und in mehr als der Hälfte der OECD-Länder ist es den Durchsetzungsbehörden aktuell nicht gestattet, ihre Aktivitäten an Risikokriterien auszurichten.
Durch strukturelle Verbesserungen dauerhafte Wirkung ermöglichen. Die politischen Entscheidungsträger*innen sind selbst maßgeblich dafür, dass Rechtsvorschriften gut konzipiert und umgesetzt werden. Die für regulatorische Fragen zuständigen Stellen benötigen Kapazitäten – insbesondere Kompetenzen und Ressourcen –, um evidenzbasierte Entscheidungen treffen zu können. Ein ressortübergreifender Rahmen kann gewährleisten, dass diese Entscheidungen kohärent und vorhersehbar sind. Zudem sollten sie ethisches Verhalten priorisieren und fördern, um das Vertrauen in das staatliche Handeln zu stärken.
Einleitung: Warum eine auf Wirksamkeit ausgerichtete Rechtsetzung wichtig ist
Copy link to Einleitung: Warum eine auf Wirksamkeit ausgerichtete Rechtsetzung wichtig istDas Vertrauen in den Staat wird gestärkt, wenn komplexe Politikherausforderungen effektiv bewältigt werden und eine greifbare und dauerhafte Wirkung – für die Menschen, den Planeten und die Zukunft – erreicht wird. Um tatsächliche Nutzeffekte zu erzielen und unbeabsichtigte Folgen zu verhindern, dürfen sich die zuständigen Stellen nicht von spontanen Eingebungen leiten oder von allzu einfachen Lösungen blenden lassen. Stattdessen sollten sie während des gesamten Prozesses der Gestaltung, des Vollzugs und der Evaluierung von Regelungen zur Umsetzung von Politikmaßnahmen die bestmögliche Evidenz nutzen. Mit Daten und sonstiger Evidenz ist es möglich, staatliche Eingriffe gezielt auf die drängendsten Probleme auszurichten und klare Ziele zu definieren. Ist ein Politikziel einmal festgelegt, kann die Entscheidungsfindung durch eine gründliche Analyse unterstützt werden, die die erwarteten Auswirkungen verschiedener Lösungsoptionen beleuchtet und Zielkonflikte aufzeigen hilft. Monitoring und die Sammlung von Evidenz zu den Veränderungen, die die Regelungen in der Praxis herbeiführen, sind wesentliche Elemente einer effektiven Rechtsetzung. Die Nutzung von Daten – sei es durch Datenanalyse vor der Ausarbeitung von Regelungen, während ihrer Umsetzung oder bei der Ex-post-Prüfung von Informationen, um aus früheren Erfahrungen zu lernen – steigert erwiesenermaßen die Effektivität von Regelungen und die positive Wirkung, die sie auf das Leben der Menschen haben können (Kasten 5.1).
Evidenz aus der Umsetzung kann ausschlaggebend dafür sein, dass eine Regelung nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis effektiv funktioniert. Daten und sonstige Evidenz machen es möglich, Regelungen an der Realität der Unternehmen auszurichten, Genehmigungen und Zulassungen nur bei Bedarf vorzuschreiben, Tätigkeiten mit geringem Risiko mit einer Erklärung oder ohne besondere Formalitäten zuzulassen und Durchsetzungsmaßnahmen auf Bereiche zu konzentrieren, in denen sie unter Risikogesichtspunkten am dringendsten erforderlich sind. Durch den Austausch von Daten zwischen den Staaten kann eine einheitliche Umsetzung auch über Grenzen hinweg gewährleistet werden. Die Erhebung und Speicherung von Daten und sonstiger Evidenz reicht jedoch nicht aus, wenn dies nicht mit angemessenen institutionellen Kapazitäten und Kompetenzen einhergeht, um sie als Grundlage für vorhersehbare Entscheidungen zu nutzen, die ethischen Standards und Verlässlichkeitsanforderungen gerecht werden.
Die Nutzung verlässlicher und transparenter Evidenz bei der Rechtsetzung ist auch entscheidend, um Vertrauen in den Staat zu schaffen und zu erhalten und die Legitimität der Regelungen zu untermauern. Angesichts eines brüchigen Vertrauens in den Staat, sich schnell verbreitender Desinformationen und einer zunehmenden Polarisierung (Edelman, 2023[1]; OECD, 2024[2]) ist eine evidenzbasierte Rechtsetzung wichtiger denn je, um sicherzustellen, dass die Regelungen fundiert sind und als legitim betrachtet werden. OECD-Daten (OECD, 2024[3]) zufolge besteht ein enger Zusammenhang zwischen dem Vertrauen der Menschen in ihre Regierung und der Einschätzung, dass die Regierung evidenzbasierte Entscheidungen trifft. Allerdings sind nur 41 % der Befragten in den OECD-Mitgliedsländern der Auffassung, dass ihre Regierung bei der Entscheidungsfindung die bestmögliche Evidenz nutzt, und nur 39 % halten die Kommunikation über Politikreformen für ausreichend. Regelungen, die auf fundierten Daten beruhen und deren Wirkung durch Evidenz belegt wird, können das Vertrauen in die Fähigkeit der staatlichen Stellen stärken, komplexe Politikherausforderungen zu bewältigen und zukunftstaugliche Reformen durchzuführen.
Kasten 5.1. Evidenz für mehr Wirksamkeit
Copy link to Kasten 5.1. Evidenz für mehr Wirksamkeit2022 trat die Verordnung der Europäischen Kommission über die allgemeine Sicherheit von Fahrzeugen in Kraft. Mit ihr sollten in den folgenden 16 Jahren 25 000 Todesfälle und 140 000 schwere Verletzungen verhindert werden. Die Verabschiedung der Verordnung folgte auf eine mehrjährige Datenerhebung, in der die wichtigsten Unfallursachen ermittelt wurden. Dabei ging es vor allem um die Analyse der wichtigsten Unfallrisikofaktoren: Bei den meisten Fahrzeugen waren dies Geschwindigkeit und Müdigkeit der Fahrer*innen, bei Lastkraftwagen, die üblicherweise in schwerere Unfälle verwickelt sind, waren es tote Winkel und Reifendruck.
Im Vereinigten Königreich halfen evidenzbasierte Strategien den zuständigen Behörden, ihre Vorschriften zur Bekämpfung der Geldwäsche durch einen risikobasierten Ansatz effektiver umzusetzen. Die zuständigen Behörden nutzten Evidenz aus nationalen und sektoralen Risikoanalysen und Verdachtsmeldungen, um Bereiche mit hohem Risiko zu ermitteln und regulatorische Maßnahmen entsprechend zu priorisieren. Dank dieses Ansatzes konnten Lösungen für die erheblichen Geldwäscherisiken gefunden und umgesetzt werden, die in einer ausländischen Bank festgestellt wurden.
Nachdem ein Brand in einem Hostel in Lettland 2021 neun Todesopfer und acht Verletzte gefordert hatte, setzte das Wirtschaftsministerium eine Arbeitsgruppe zur Überprüfung der Brandschutzbestimmungen ein. Die Arbeitsgruppe stellte Mängel in den bestehenden Vorschriften fest, denen zufolge der Zutritt zu den Räumlichkeiten zur Durchführung von Brandschutzinspektionen verweigert werden konnte. Wegen der fehlenden staatlichen Befugnis, die Einhaltung der Brandschutzvorschriften in Gebäuden regelmäßig zu überprüfen, wurde 2022 eine Gesetzesnovelle verabschiedet. Seitdem ist es den zuständigen Bediensteten möglich, Gebäude zu schließen, wenn sie dreimal nacheinander daran gehindert werden, eine Brandschutzinspektion durchzuführen.
Quelle: Indicators of Regulatory Policy and Governance (iREG) Survey 2024; https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=CELEX%3A52018SC0190&qid=1713944908096; Neue Vorschriften zur Verbesserung der Straßenverkehrssicherheit und zur Verwirklichung des Konzepts vollständig fahrerloser Fahrzeuge in der EU; https://assets.publishing.service.gov.uk/media/63a03ecfd3bf7f37598eda96/Supervision_report_final_draft_-_signed.pdf; https://crsreports.congress.gov/product/pdf/IF/IF11129/3.
Umgekehrt kann die Vernachlässigung oder Nichtbeachtung von Evidenz bei der Rechtsetzung gravierende Auswirkungen in der Praxis haben. In Australien hatte die 2011 ohne Folgenabschätzung getroffene politische Entscheidung, die Ausfuhr lebender Rinder zu verbieten, erhebliche und dauerhafte negative wirtschaftliche Auswirkungen auf die Rinderwirtschaft (Office of Impact Analysis, 2011[4]; Fitzgerald, 2023[5]). In Frankreich hatte der Conseil d’État, der für die Überprüfung von Gesetzentwürfen zuständig ist, darauf hingewiesen, dass die Folgenabschätzung der vorgeschlagenen Rentenreform erhebliche Mängel aufwies, insbesondere in Bezug auf die finanziellen Projektionen. Als die Reform dennoch weiter vorangetrieben wurde, kam es zu starken öffentlichen Protesten. Schließlich wurde der Reformvorschlag erheblich überarbeitet (Conseil d’État, 2020[6]).
In diesem Kapitel wird erörtert, wie die politisch Verantwortlichen die von ihnen gewünschte Wirkung erzielen können, indem sie
Ziele definieren und Ergebnisse durch Evidenz und Analyse nachverfolgen,
Regelungen risikobasiert und – sowohl innerhalb der einzelnen Länder als auch grenzüberschreitend – kohärent umsetzen,
institutionelle Strukturen aufbauen, um effektiv Evidenz zu sammeln und zu nutzen und so fundierte und verlässliche Entscheidungen zu treffen.
Regelungen im Hinblick auf ihre Wirksamkeit konzipieren und prüfen
Copy link to Regelungen im Hinblick auf ihre Wirksamkeit konzipieren und prüfenDurch drängende regulatorische Herausforderungen wie Klimawandel und disruptive Innovationen sehen sich die Politikverantwortlichen stärker unter Druck als je zuvor, rasch Lösungen zu finden. Fehler können sie sich dabei kaum erlauben. Damit Regelungen die gewünschte Wirkung entfalten können, müssen sie auf solider Evidenz beruhen, anhand der die Auswirkungen in der Praxis antizipiert werden können. Um in einer sich wandelnden Welt auch dauerhaft die gewünschte Wirkung zu erzielen, müssen zudem Lehren aus ihrer Umsetzung und ihren Ergebnissen gezogen werden. Die richtigen Informationen zur richtigen Zeit helfen den staatlichen Stellen, die Regelungen von Anfang richtig zu konzipieren und bei Bedarf anzupassen.
Evidenzbasierte Entscheidungsfindung in den letzten zehn Jahren: Gesetzesfolgenabschätzung und Ex-post-Evaluierung
Evidenz bei der Gestaltung von Regelungen nutzen
Wenn davon auszugehen ist, dass ein Politikproblem nicht nur vorübergehend ist und staatliches Eingreifen daher angezeigt ist (Kapitel 2), müssen die Politikverantwortlichen den besten Weg definieren, um die festgelegten übergeordneten Politikziele zu erreichen. Manche entscheiden sich dabei für die naheliegendste Option und handeln umgehend, während andere zunächst eine Reihe von Optionen prüfen. Das Spektrum der möglichen Optionen reicht von Nichthandeln bis zur Verabschiedung neuer Regelungen. Dazwischen gibt es eine Vielzahl von Alternativen, wie z. B. die Möglichkeit, die Märkte sich selbst regulieren zu lassen oder Regelungen gemeinsam mit den Betroffenen zu entwickeln. Um alternative Lösungen zu vergleichen und die Option mit dem größten gesellschaftlichen Nettonutzen auszuwählen, sollten die Kosten und Vorteile aller Optionen bewertet werden. Dies geschieht traditionell auf Basis betriebs- und volkswirtschaftlicher Kriterien, zunehmend werden jedoch auch die Auswirkungen auf andere Aspekte, von sozialen bis zu ökologischen Faktoren, berücksichtigt (Kapitel 2 und 3). All diese Erwägungen – von der Bestimmung praktikabler Optionen zur Erreichung eines bestimmten Ziels bis zur Berechnung aller möglichen Auswirkungen – bilden die Evidenzbasis für die Entscheidungen. In der Empfehlung des Rates der OECD zu Regulierungspolitik und Governance von 2012 werden Gesetzesfolgenabschätzungen als Eckpfeiler genannt, um sicherzustellen, dass Regelungsvorschläge auf einer gründlichen Analyse und Evidenzsichtung beruhen. Die Zahl der Folgenabschätzungen ist in den OECD-Ländern seit 2015 deutlich gestiegen, die Daten zeigen jedoch, dass die Systeme und Verfahren seit 2021 nur geringfügig weiterentwickelt wurden (Abbildung 5.1 und Abbildung 5.2).
In den letzten zehn Jahren haben die OECD-Länder ihre Folgenabschätzungssysteme etwas verbessert. Der Großteil dieser Verbesserungen erfolgte zwischen 2015 und 2018. Der wichtigste Aspekt war dabei die Einrichtung von Mechanismen zur Überwachung und Förderung der Qualität von Folgenabschätzungen. Die Regulierungsaufsicht ist aber nach wie vor die größte Schwachstelle.
Abbildung 5.1. Zusammengesetzte Indikatoren: Folgenabschätzung bei der Ausarbeitung gesetzlicher Regelungen, 2021–2024
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* Gesetzliche Regelungen werden in den meisten OECD-Ländern überwiegend von der Exekutive initiiert. Ausnahmen bilden Chile, Costa Rica, Frankreich, Kolumbien, Korea, Litauen, Mexiko, Österreich und Portugal, wo der Anteil der von der Legislative initiierten Gesetze höher ist.
Anmerkung: Je mehr der in der OECD-Empfehlung des Rates über Regulierungspolitik und Governance von 2012 genannten Rechtsetzungsverfahren ein Land eingeführt hat, desto höher ist sein iREG-Wert. Erfasst sind dabei lediglich die Verfahren der Exekutive. Türkiye und die Vereinigten Staaten sind in dieser Abbildung somit nicht berücksichtigt, da dort sämtliche gesetzlichen Regelungen von der Legislative initiiert werden.
Quelle: Indicators of Regulatory Policy and Governance (iREG) Survey 2021 und 2024.
Abbildung 5.2. Zusammengesetzte Indikatoren: Folgenabschätzung bei der Ausarbeitung untergesetzlicher Regelungen, 2021–2024
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Anmerkung: Je mehr der in der OECD-Empfehlung des Rates über Regulierungspolitik und Governance von 2012 genannten Rechtsetzungsverfahren ein Land eingeführt hat, desto höher ist sein iREG-Wert.
Quelle: Indicators of Regulatory Policy and Governance (iREG) Survey 2021 und 2024.
Mehrere OECD-Länder haben in letzter Zeit Reformen durchgeführt, um den Rahmen der Gesetzesfolgenabschätzungen (GFA) zu verbessern:
In Finnland wurden 2022 überarbeitete GFA-Leitlinien verabschiedet, die umfassender sind und auch die Bewertung makroökonomischer, finanzieller und indirekter Kosten vorsehen. Ein 2021 eingerichtetes und vor Kurzem bis 2027 verlängertes staatliches Kompetenznetzwerk für Folgenabschätzungen unterstützt die Legist*innen bei der Erstellung von GFA.
In Israel wurde eine neue Behörde eingerichtet, die die politisch Verantwortlichen bei der Durchführung von GFA nun konsultieren müssen. Diese Behörde überprüft die Qualität der GFA und gibt öffentliche Stellungnahmen dazu ab.
In Litauen wurde erstmals eine Vorausplanung für Gesetzesinitiativen (2021–2024) vorgelegt, die bedeutende Initiativen umfasst, für die GFA durchgeführt werden sollen. Außerdem wurden strengere Vorgaben zur Nutzung von Daten eingeführt, um Gesetzesinitiativen zu rechtfertigen und ihre erwarteten Auswirkungen zu beurteilen. Die Politikverantwortlichen wurden u. a. verpflichtet, Indikatoren zur Messung künftiger Ergebnisse im Voraus festzulegen.
In den Niederlanden wurde ein neuer GFA-Rahmen eingeführt, der die politisch Verantwortlichen verpflichtet, einen Fragebogen zu den Auswirkungen auf Mensch, Gesellschaft und Umwelt auszufüllen. Dieser Fragebogen enthält verbindliche und fakultative Bewertungsmodule, je nach Ausmaß der erwarteten Auswirkungen. Dies hilft den Politikverantwortlichen, die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen zu prüfen.
Evidenz zur Überprüfung von Regelungen nutzen
Jede neue Regelung ist ein Experiment, mit dem Politikziele erreicht werden sollen. Regelungen entstehen nicht im luftleeren Raum, sondern interagieren mit bestehenden Rahmenkonzepten, ändern das Verhalten der Menschen und werden ihrerseits von externen Veränderungen oder Schocks beeinflusst. Manchmal werden die gesetzten Ziele erreicht, manchmal nicht. Um zu gewährleisten, dass Regelungen dauerhaft einen gesellschaftlichen Nutzen haben, ist es wichtig, die Faktoren zu verstehen, die zu ihrem Erfolg (oder Misserfolg) beitragen. Die Evaluierung von Regelungen ermöglicht es den Politikverantwortlichen, zu beurteilen, was funktioniert und was verbessert werden kann, aus Fehlern zu lernen und diese Informationen für Verbesserungen in anderen Politikbereichen zu nutzen. Dazu müssen die tatsächlichen Kosten der Politikumsetzung für den Staat erfasst und Daten zur Wirkung in der Praxis erhoben und mit den beabsichtigten Zielen verglichen werden. Außerdem muss ermittelt werden, inwieweit Regelungen und andere Politikmaßnahmen erfolgreich waren und ob sie unbeabsichtigte Folgen hatten. Die Ex-post-Evaluierung wird in mehreren OECD-Ländern weiter verbessert (Abbildung 5.3 und Abbildung 5.4), die Fortschritte sind jedoch geringer als bei der Akteursbeteiligung und der GFA. Außerhalb des OECD-Raums hat Brasilien 2020 ein Dekret (Decreto N°10.411) verabschiedet, das die Bundesbehörden verpflichtet, Ex-post-Evaluierungen durchzuführen. Die Kriterien für die Auswahl der davon betroffenen Normen werden in diesem Dekret ebenfalls aufgeführt.
Abbildung 5.3. Zusammengesetzte Indikatoren: Ex-post-Evaluierung gesetzlicher Regelungen, 2021–2024
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Anmerkung: Je mehr der in der OECD-Empfehlung des Rates über Regulierungspolitik und Governance von 2012 genannten Rechtsetzungsverfahren ein Land eingeführt hat, desto höher ist sein iREG-Wert.
Quelle: Indicators of Regulatory Policy and Governance (iREG) Survey 2021 und 2024.
Abbildung 5.4. Zusammengesetzte Indikatoren: Ex-post-Evaluierung untergesetzlicher Regelungen, 2021–2024
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Anmerkung: Je mehr der in der OECD-Empfehlung des Rates über Regulierungspolitik und Governance von 2012 genannten Rechtsetzungsverfahren ein Land eingeführt hat, desto höher ist sein iREG-Wert.
Quelle: Indicators of Regulatory Policy and Governance (iREG) Survey 2021 und 2024.
In den letzten zehn Jahren bestanden die Verbesserungen der OECD-Länder vor allem darin, Prüfungsmethoden einzuführen oder weiterzuentwickeln. Dabei wurde z. B. festgelegt, welche Auswirkungen und Aspekte in den Prüfungen berücksichtigt werden sollten. Bei der systematischen Einführung (d. h. der Schaffung gesetzlicher Vorgaben für die Durchführung von Evaluierungen und deren Häufigkeit in der Praxis) waren dagegen die wenigsten Verbesserungen zu verzeichnen. Einige Mitglieder haben allerdings seit 2021 grundlegendere Reformen durchgeführt:
Finnland verabschiedete 2023 sein erstes Grundsatzpapier zur Evaluierung von Regelungen. Darin werden gemeinsame Grundsätze für das Monitoring und die Evaluierung von nationalen Rechtsvorschriften, Staatsverträgen und EU-Regelungen aufgeführt. Außerdem enthält das Dokument Fallstudien, die den Politikverantwortlichen zeigen, wie die Grundsätze umgesetzt werden können.
Kolumbien hat begonnen, betroffene Akteure in die Ex-post-Evaluierungen einzubeziehen und die Prüfberichte mit den entsprechenden Antworten der Behörden zu veröffentlichen.
Korea hat sein Ex-post-Evaluierungssystem deutlich gestärkt. Dazu wurden formalisierte Leitlinien für die Durchführung der Prüfungen eingeführt und die Aufsicht über die durchgeführten Evaluierungen verbessert.
In der Slowakischen Republik wurde 2022 die einheitliche Methodik aktualisiert, die von den Ministerien bei der Evaluierung bestehender Vorschriften anzuwenden ist. Außerdem wurden Vorgaben für Konsultationen der Öffentlichkeit bei Ex-post-Evaluierungen eingeführt.
Spanien hat im Dezember 2022 ein Gesetz über die Durchführung von Evaluierungen verabschiedet. Zur Umsetzung dieser Rechtsvorschrift soll eine Behörde eingerichtet werden, die für die Evaluierung staatlicher Maßnahmen zuständig ist.
Verschiedene Alternativen aufzeigen und bewerten
Politisch Verantwortliche verfügen nicht immer über alle einschlägigen Informationen, um zu entscheiden, ob ein regulatorischer Eingriff nötig ist und in welcher Form er erfolgen sollte (OECD, 2022[7]). Eine umfassende Datenbasis ermöglicht ihnen, sinnvolle Politikentscheidungen zu treffen, indem sie verschiedene Optionen sowie deren Risiken und sonstigen Auswirkungen abwägen. Dies setzt voraus, dass die politisch Verantwortlichen das Rechtsetzungsumfeld verstehen und wissen, welche Daten und Informationen sie benötigen. Dazu gehört auch, Informationslücken zu erkennen und nach Lösungen zu suchen, um sie so weit wie möglich zu verringern, z. B. durch den Austausch mit Akteuren, die sachdienliche Informationen zur aktuellen Situation sowie zu früheren Reformen liefern können.
Alternative Optionen ausarbeiten
Es ist Best Practice, bei Folgenabschätzungen alle gangbaren Optionen zur Lösung des jeweiligen Politikproblems zu ermitteln und zu bewerten. Allerdings kann es sein, dass diese Analyse unterbleibt oder zu spät erfolgt, um die Entscheidungsfindung wirklich zu unterstützen. Politisch Verantwortlichen muss der nötige Freiraum gegeben werden, um einen Fächer echter Alternativlösungen zu untersuchen, anstatt sich bei ihrer Entscheidung nur auf eine begrenzte Auswahl vorab festgelegter präferierter Optionen zu stützen. Nach wie vor besteht die Tendenz, Daten zur Begründung bereits getroffener Entscheidungen, anstatt zur Unterstützung der Entscheidungsfindung selbst zu verwenden (OECD, 2020[8]). Dadurch entsteht die Gefahr, dass alternative – potenziell effektivere – Optionen zur Erzielung der gewünschten Wirkung übersehen werden oder dass unnötige Regelungen und Belastungen geschaffen werden, die dem gewünschten Effekt zuwiderlaufen. Um dies zu vermeiden, müssen politisch Verantwortliche zur Auswahl der richtigen Lösung die Folgen verschiedener Optionen untersuchen können – wozu auch die Option gehört, nicht regulatorisch einzugreifen (OECD, 2012[9]) (Kasten 5.2). Nichts zu unternehmen, kann ebenfalls Kosten und Nutzen für die Bevölkerung nach sich ziehen, wie in den vergangenen Kapiteln am Beispiel des Verzichts auf Klimaschutzmaßnahmen oder einer unkontrollierten Einführung neuer Technologien erörtert wurde.
Kasten 5.2. Definition und Bewertung verschiedener Politikoptionen
Copy link to Kasten 5.2. Definition und Bewertung verschiedener PolitikoptionenAls im Vereinigten Königreich gegen schädliche Internetinhalte vorgegangen werden sollte, um die Sicherheit der Nutzer*innen von Onlineplattformen zu erhöhen, untersuchte die Regierung mehrere alternative Optionen:
Nicht eingreifen (Basisszenario)
Option 1: Risikobasierter Ansatz, der Rechtsetzung mit freiwilligen Verhaltenskodizes kombiniert und Pflichten für Onlineplattformen festlegt, um gegen illegale Gefahren vorzugehen und Kinder vor legalen, aber gefährlichen Inhalten und Handlungen (z. B. Grooming oder Mobbing) zu schützen, falls Kinder auf die Plattform zugreifen können
Option 2: Wie Option 1, aber mit zusätzlichen Anforderungen für besonders risikoträchtige Plattformen, um legalen, aber schädlichen Inhalten zu begegnen, auf die Erwachsene zugreifen, einschließlich der Pflicht zur Veröffentlichung von Transparenzberichten
Option 3: Einheitlicher Rahmen aus Rechtsvorschriften mit Anforderungen, denen alle Plattformen entsprechen müssen, um illegalen Gefahren sowie legalen, aber schädlichen Inhalten zu begegnen
Anfangs untersuchten die politisch Verantwortlichen auch nicht regulatorische Ansätze, wie etwa Selbstregulierung, freiwillige Konzepte und Aufklärungskampagnen. Sie kamen aber zu dem Schluss, dass solche Maßnahmen allein nicht ausreichen würden, um die Gefahren hinreichend einzudämmen. So wurden sowohl bei Option 1 als auch bei Option 2 zusätzlich freiwillige Verhaltenskodizes vorgesehen, die den vorgeschlagenen regulatorischen Ansatz ergänzen.
Nach Abwägung von Kosten, Nutzen und Risiken sowie verschiedener sozialer und wirtschaftlicher Aspekte entschied sich die Regierung für Option 2, womit sie einem verhältnismäßigen, risikobasierten Ansatz zur Verringerung von Onlinegefahren Vorrang gab. Bei Option 1 wären die Kosten für ungefähr zwanzig Hochrisikodienste niedriger gewesen, aber dafür wären die Gefahren weniger stark verringert worden. Option 3 hätte eine insgesamt etwas stärkere Gefahrenminderung ermöglicht, wäre aber mit deutlich höheren Kosten für wenig risikoträchtige Plattformen verbunden gewesen.
Die meisten OECD-Mitglieder untersuchen systematisch mehrere alternative Optionen, bevor sie eine Entscheidung treffen. In etwa drei Viertel der OECD-Länder muss bei Rechtsetzungsvorhaben systematisch auch die Möglichkeit untersucht werden, nicht einzugreifen (womit dieser Anteil gegenüber 2021 leicht gestiegen ist). Allerdings werden nur in wenigen Ländern mehrere nicht regulatorische Ansätze untersucht. Es würde sich positiv auswirken, wenn bereits früh im Entscheidungsprozess systematischer verschiedene mögliche Ansätze untersucht würden – sowohl regulatorische als auch nicht regulatorische –, um sicherzustellen, dass die letztlich gewählte Option wirklich die beste Lösung ist, um im jeweiligen Kontext die gewünschte Wirkung zu erzielen (OECD, 2022[10]).
Den wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Kontext untersuchen
In der Vergangenheit stand bei Rechtsetzungsvorhaben häufig die Untersuchung der wirtschaftlichen Daten und Folgen im Vordergrund. Inzwischen wächst jedoch das Bewusstsein für die Bedeutung effektiver Regelungen im Hinblick auf andere Bereiche, z. B. für den Kampf gegen den Klimawandel oder die soziale Ungleichheit. Daher berücksichtigen die OECD-Mitglieder bei ihren Folgenabschätzungen heute neben wirtschaftlichen auch einen wachsenden Katalog sozialer und ökologischer Aspekte (Abbildung 5.5). Wie Abbildung 5.5 zeigt, wurden die Folgenabschätzungen in zwei Richtungen ausgeweitet: 1. Mehr Mitgliedsländer erfassen verschiedene Aspekte bei ihren Beurteilungen; 2. die einzelnen Aspekte wurden 2024 systematischer untersucht (in Kapitel 2 und 3 wird erörtert, wie die Abschätzung sozialer bzw. ökologischer Folgen hilft, Regelungen auszuarbeiten, die eine gerechtere und nachhaltigere Gesellschaft begünstigen).
Abbildung 5.5. Bei Folgenabschätzungen untergesetzlicher Regelungen berücksichtigte Aspekte, 2015–2024
Copy link to Abbildung 5.5. Bei Folgenabschätzungen untergesetzlicher Regelungen berücksichtigte Aspekte, 2015–2024
Anmerkung: Die Daten beziehen sich auf 34 OECD-Länder. Die 4 OECD-Länder, die 2015 noch nicht Mitglied waren (Costa Rica, Kolumbien, Lettland und Litauen), sind in den Gesamtwerten für 2024 nicht berücksichtigt.
Quelle: Indicators of Regulatory Policy and Governance (iREG) Survey 2015 und 2024.
Kosten, Nutzen und Risiken abschätzen
Für jede Politikoption müssen jeweils Kosten, Nutzen und Risiken untersucht werden, um ihre Eignung und Machbarkeit zu beurteilen. Dabei müssen die politisch Verantwortlichen u. U. kurzfristige Kosten gegen langfristigen Nutzen abwägen oder die mit den verschiedenen Optionen verbundenen Risiken unterschiedlicher unbeabsichtigter Konsequenzen vergleichen. Um z. B. gegen als zu hoch empfundene Preise für Wohnraum vorzugehen, bieten sich politisch Verantwortlichen verschiedene Optionen: So können sie beispielsweise Mietpreisbegrenzungen einführen oder die Bebauungsplanung ändern. Sie können aber auch einfach nichts unternehmen. Zu den Vorteilen von Mietpreisbegrenzungen gehört, dass sie die Wohnungspreise für die Mieter*innen stabilisieren. Als unbeabsichtigte Folge können sie aber auch das Angebot an Mietwohnungen verringern, weil die Vermieter*innen nicht mehr genügend Rendite erzielen. Würden alternativ dazu Bebauungsvorschriften geändert, die Einfamilienhäuser vorsehen, um eine dichtere Bebauung zu ermöglichen, könnte dies höhere unmittelbare Kosten für den Infrastrukturausbau nach sich ziehen (die Gemeinde müsste u. U. das Straßennetz und die öffentlichen Dienstleistungen in der Gegend ausbauen, um einer steigenden Einwohnerzahl gerecht zu werden). Zudem könnte dies auf Widerstand seitens der Anwohner*innen stoßen. Solche Reformen könnten die Preise für Wohnraum aber deutlich senken und das Angebot erhöhen, um die langfristige Nachfrage zu decken. Nichts zu unternehmen würde demgegenüber bedeuten, dass keine zusätzlichen (direkten) Kosten entstehen oder (unmittelbare) Veränderungen eintreten. Damit bestünde aber das Risiko, dass sich das Problem der Bezahlbarkeit von Wohnraum weiter verschärft.
Eine solche Beurteilung von Kosten und Nutzen ist in den OECD-Ländern meistens vorgeschrieben, wesentlich weniger häufig wird jedoch verlangt, dass sie für verschiedene Politikoptionen durchgeführt werden muss. Aufgrund des daraus resultierenden Mangels an Informationen lassen sich die Vor- und Nachteile verschiedener Politikoptionen schwer vergleichen. Dies kann dazu führen, dass Gesetzesfolgenabschätzungen als iteratives Instrument der Entscheidungsfindung an Wert verlieren (OECD, 2020[8]).
Risikoabschätzungen sind im Rechtsetzungsprozess seltener vorgeschrieben als Kosten-Nutzen-Analysen, und dies, obwohl die Risiken bei der Beurteilung der Eignung verschiedener Lösungsoptionen ein ebenso wichtiger Aspekt sind. Rechtsvorschriften sollen verschiedene mögliche Gefahren für Menschen, Umwelt, Gemeinwohl usw. abwenden. Ein Risiko setzt sich nach allgemeinem Verständnis aus der Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines bestimmten Ereignisses oder Schadens und der davon ausgehenden Wirkung zusammen. Eine frühzeitig im Politikzyklus durchgeführte Risikoabschätzung – d. h. eine „Beurteilung der relativen Höhe verschiedener Risiken gemessen an der Eintrittswahrscheinlichkeit in Kombination mit der Schwere des potenziellen Schadens“ (OECD, 2022[7]) – gestattet es, verschiedene Lösungskonzepte unter dem Gesichtspunkt der Minderung der festgestellten Risiken auszuarbeiten, zu beurteilen und zu priorisieren (OECD, 2010[11]). Dies ist jedoch leichter gesagt als getan. So kann es beispielsweise an Daten zu den Risiken fehlen. Zudem kann es sehr komplex sein, den Gesamtumfang der Risiken zu ermitteln, die sich aus dem Zusammenwirken verschiedener Gefahren in verschiedenen Bereichen und Staaten ergeben (siehe auch OECD (2022[7]) wegen einer eingehenderen Erörterung dieser Problematik).
Über die spezifischen Risiken hinaus, die durch eine bestimmte Politikoption gemindert werden können, müssen politisch Verantwortliche auch beachten, dass die Verringerung eines Risikos in einem Bereich zum Auftreten eines anderen Risikos in einem anderen Bereich führen kann. So stellte die Federal Aviation Administration (FAA), die Luftfahrtbehörde der Vereinigten Staaten beispielsweise fest, dass es für Babys sicherer ist, im Flugzeug auf einem eigenen Platz anstelle auf dem Schoß eines Erwachsenen zu sitzen. Sie entschied sich aber dennoch gegen ein Verbot dieser Reisepraxis, weil ihre Risikoabschätzung ergab, dass der damit verbundene Preisanstieg mehr Familien dazu veranlassen würde, statt des Flugzeugs das Auto zu nehmen, was mit deutlich höheren Gefahren für Leib und Leben verbunden ist. Die FAA wies darauf hin, dass das Ausweichen auf die Straße mit einem Nettoanstieg der Zahl der Verkehrstoten verbunden wäre und dass für jedes Kind, dessen Leben dank des Verbots des Mitreisens auf dem Schoß gerettet würde, sechzig Menschen mehr im Straßenverkehr sterben würden (Claussen, 2010[12]; NTSB, 2010[13]).
Ein gewisses Maß an Risiko zu akzeptieren, kann eine sinnvolle Entscheidung sein, um größere Risiken zu vermeiden. So können Wasserstofftechnologien, wie in Kapitel 2 erörtert, zwar bestimmte Umwelt- und Sicherheitsrisiken nach sich ziehen, zugleich aber auch eine entscheidende Rolle für die Energiewende spielen und so helfen, die an den Klimawandel geknüpften Risiken zu mindern. Das Vorsorgeprinzip als Richtschnur kann dabei helfen, alle wichtigen potenziellen Risiken im Zusammenhang mit einem neuen Produkt zu ermitteln, von Umwelt- bis hin zu Gesundheits- und Sicherheitsrisiken. Dies ermöglicht eine Vorgehensweise, bei der die neuen Risiken, die durch das Produkt entstehen, durch die Verringerung der zuvor bestehenden Risiken aufgewogen werden (OECD, 2023[14]). Der Risikoaspekt spielt indessen nicht nur in der Entwurfsphase eine entscheidende Rolle, sondern auch in der Vollzugsphase, was in Abschnitt „Wirksamkeit risikobasiert maximieren“ erörtert wird.
Datenanforderungen an der Stärke der Effekte ausrichten
Angesichts der wachsenden Zahl von Aspekten, die bei Folgenabschätzungen berücksichtigt werden sollen, werden sich die politisch Verantwortlichen zunehmend bewusst, dass die Notwendigkeit umfassender Daten nicht dazu führen darf, dass der Aufwand im Rechtsetzungsprozess zu groß wird. Verhältnismäßigkeit bedeutet hier, im Fall von Regelungen mit größeren Auswirkungen die Untersuchung umfassenderer Daten zu verlangen, da die Risiken größer sind. Muss beispielsweise ein neues Gesetz entworfen werden, das für alle Gesundheitsdienstleister gelten soll, ist eine genaue Untersuchung umfassender Daten erforderlich. Soll jedoch nur eine Nachbesserung an einem bestehenden Gesetz vorgenommen werden, um es zu aktualisieren, reichen weniger detaillierte Daten aus. So können die politisch Verantwortlichen und jene, die ihnen in der Verwaltung zuarbeiten, ihre begrenzte Zeit und Ressourcen effizienter nutzen.
An Prinzipien der Verhältnismäßigkeit orientierte Konzepte setzen sich in den OECD-Ländern – u. a. als Reaktion auf knappe Mittel – zunehmend durch. So haben seit 2021 Kolumbien, die Niederlande und Türkiye Proportionalitätsanforderungen für Folgenabschätzungen eingeführt.
Schwellenwerte, ab denen umfassendere Datenanforderungen gelten, können sich auf quantitative Wirkungsgrößen, eine Kombination qualitativer und quantitativer Kriterien (z. B. die Zahl der betroffenen Unternehmen oder eine subjektive Einschätzung der Bedeutung der festgestellten Effekte für Schlüsselsektoren) oder die Auswirkungen für bestimmte Gruppen stützen; nach einer Erstanalyse durch die politisch Verantwortlichen könnten solche Schwellenwerte auch durch eine Regulierungsaufsichtsbehörde festgelegt werden (OECD, 2020[15]). In den Vereinigten Staaten muss im Fall von Regelungsvorschlägen mit einem voraussichtlichen Effekt von mehr als 200 Mio. USD jährlich z. B. eine eingehendere Analyse durchgeführt werden (wobei auch genau beschrieben werden muss, warum ein regulatorischer Eingriff nötig ist und wie der Regelungsvorschlag diesem Bedarf gerecht wird). In der Europäischen Union werden hingegen qualitative Kriterien angewandt, wobei untersucht wird, ob Regelungsinitiativen wesentliche soziale, wirtschaftliche oder ökologische Auswirkungen haben. Im OECD-Raum hat die Nutzung solcher vor der eigentlichen Folgenabschätzung angestellter Vorabbeurteilungen seit 2021 zugenommen. Für untergesetzliche Regelungen sind sie inzwischen in über 50 % der Länder, für gesetzliche Regelungen in 45 % der Länder üblich. In den Niederlanden wurde ein webbasiertes Tool entwickelt, um dieses Verfahren besser an die Anforderungen unterschiedlicher Regelungsvorschläge anzupassen. Ein Onlinefragebogen hilft, den politisch Verantwortlichen festzustellen, auf welche Effekte sie achten und welche Kriterien sie anwenden sollten, was dann in der Folgenabschätzung des Regelungsvorschlags berücksichtigt wird.
Die Voraussetzungen für erfolgreiche Rechtsetzung schaffen
Rechenschaftsmechanismen verankern
Aussagekräftige Daten sind unerlässlich, um nachzuweisen, dass staatliche Maßnahmen wirksam sind, und um die Rechenschaftslegung zu stärken. Die tatsächliche Wirkung neuer oder überarbeiteter Regelungen sollte anhand verlässlicher Daten und sonstiger Informationen beobachtet werden (OECD, 2012[9]). Wenn die Ergebnisse anhand objektiver Ziele gemessen und veröffentlicht werden, können die öffentlich Bediensteten sehen, was funktioniert und was nicht. Außerdem wird eine Kontrolle des staatlichen Handelns durch die Bürger*innen möglich. Ein solches kontinuierliches Monitoring liefert zudem belastbare Daten für eine eingehendere Nachprüfung der Regelungen.
Effektive Mechanismen, um eine Regelung nach ihrer Umsetzung einem Monitoring und einer Evaluierung zu unterziehen, müssen bereits während ihrer Ausarbeitung eingerichtet werden. Die Daten und sonstige Evidenz, die bei der Gestaltung der Regelungen genutzt werden, können auch als Grundlage für ihre spätere Evaluierung dienen, d. h., um zu prüfen, ob die Regelungen wie beabsichtigt wirken, und um ihre Effektivität („Wird das Ziel erreicht?“) und Effizienz („Werden dafür mehr Ressourcen eingesetzt als nötig?“) zu beurteilen (OECD, 2020[16]). In Polen beispielsweise sehen die Vorgaben für die Folgenabschätzung von Regelungen vor, dass bereits während deren Gestaltung ein Datum sowie Messgrößen für ihre Evaluierung festgelegt werden. Auch die neuen Vorgaben für die Folgenabschätzung in Ungarn unterstreichen die Bedeutung einer Überprüfung nach der Umsetzung der Regelungen, was auch eine Beobachtung der im Zuge der Umsetzung neu auftretenden Effekte beinhaltet. Die Einführung der Ex-post-Evaluierung als letzten Schritt des Politikzyklus, um sicherzustellen, dass die Regelungen auf Dauer ihren Zweck erfüllen, ist eine ermutigende Entwicklung.
Einige OECD-Mitglieder haben Schritte zugunsten einer frühzeitigen Planung der Ex-post-Evaluierung unternommen, indem sie von den politisch Verantwortlichen systematisch verlangen, dass sie bereits bei der Gestaltung der Regelungen einen Prozess festlegen, um die Fortschritte bei der Verwirklichung der angestrebten Ziele zu beurteilen. Dies kann beinhalten, dass die Methode für die Messung der Fortschritte, sei es bei der Verwirklichung unmittelbarer oder langfristiger Ziele, festgelegt werden muss. Weniger als die Hälfte der OECD-Mitglieder verlangt, dass Methoden bzw. Indikatoren für die Messung der Fortschritte bei der Verwirklichung unmittelbarer Ziele festgelegt werden, und nur etwa ein Viertel sieht vor, dass Indikatoren für die Messung des Beitrags zu langfristigen Zielen aufgestellt werden. Eine stärkere vorgelagerte Planung der nachgelagerten Monitoring- und Erfolgsmessungsaktivitäten wäre somit von Vorteil.
Tatsächliche und beabsichtigte Effekte vergleichen
In der Praxis gibt es keine Garantie dafür, dass Regelungen wirksam sind und zu den beabsichtigten Effekten führen. Regelungen können schlicht wirkungslos sein, oder sie können unbeabsichtigte Effekte haben, mit denen bei ihrer Ausarbeitung nicht gerechnet wurde. Eine Prüfung neu eingeführter Geschwindigkeitsbegrenzungen im Straßenverkehr könnte beispielsweise ergeben, dass die Unfallzahl in einer Gegend zwar erfolgreich verringert wurde, dass es dafür aber zu mehr Staus in einer anderen gekommen ist. Die Zahl der OECD-Länder, in denen zumindest bei einigen Regelungen die tatsächlichen mit den beabsichtigten Effekten verglichen und unbeabsichtigte Folgen untersucht werden, ist seit 2021 etwas gestiegen. Es besteht aber nach wie vor erheblicher Spielraum für eine bessere Erfassung und Nutzung dieser Evidenz (Kasten 5.3).
Die Menschen, die von den Regelungen direkt betroffen sind, können vollständigere Informationen zu deren tatsächlicher Wirkung in der Praxis liefern, z. B. auch zu unbeabsichtigten oder unnötigen Erschwernissen. Das Feedback der Öffentlichkeit hilft nicht nur, Probleme und Datenlücken zu erkennen und zu beheben, die Einrichtung von als fair wahrgenommenen Konsultationsprozessen kann auch das Vertrauen der Öffentlichkeit erhöhen (Lind und Arndt, 2016[17]). In den Vereinigten Staaten wurde die Regierung durch Petitionen von Interessengruppen darauf aufmerksam gemacht, dass die Zulassung freiwilliger Nahrungsmittellabels wie „US-Erzeugnis“ oder „Made in USA“ für in den Vereinigten Staaten verarbeitete tierische Produkte bei den Verbraucher*innen für Verwirrung sorgte. Die zuständige Behörde führte daraufhin Verbraucherbefragungen durch. Diese ergaben, dass die Verbraucher*innen bei solchen Kennzeichnungen auf Fleischprodukten im Allgemeinen erwarteten, dass die Tiere in den Vereinigten Staaten geboren, aufgezogen, geschlachtet und verarbeitet wurden. 2024 wurde daher eine überarbeitete Regelung verabschiedet, um zu gewährleisten, dass diese Label nur verwendet werden dürfen, wenn die Produkte tatsächlich dem entsprechen, was die Verbraucher*innen darunter verstehen (Food Safety and Inspection Service, 2024[18]). In Kapitel 1 wird eingehender erläutert, wie wichtig Feedbackprozesse sind, um das Vertrauen zu erhöhen und den Menschen die Möglichkeit zu geben, Bedenken zu äußern, wenn Regelungen für sie ihr Ziel verfehlen.
Kasten 5.3. Überprüfung der angestrebten Wirkung
Copy link to Kasten 5.3. Überprüfung der angestrebten WirkungIn Estland wurde untersucht, inwieweit es mit einer Transferleistungsreform gelungen war, Menschen mit verminderter Erwerbsfähigkeit Anreize für die Rückkehr ins Erwerbsleben zu geben. Diese Evaluierung zeigte, dass verschiedene Ziele der Reform erreicht wurden. Dabei wurden die Indikatoren für die Ergebnismessung überarbeitet, um den demografischen Veränderungen seit 2016 Rechnung zu tragen. Die Evaluierung ermöglichte eine Quantifizierung der finanziellen Vorteile und mündete in der Formulierung von Empfehlungen, um die Effektivität der Regelungen auf Dauer zu gewährleisten.
Im Vereinigten Königreich ergab die Überprüfung einer neuen Regelung zur Identifizierung von Hunden mittels subkutan implantierter Mikrochips, dass das Hauptziel erreicht wurde, nämlich Hunde schneller zu ihren Besitzer*innen zurückzubringen, und dass damit auch die Kosten für die Gemeinden gesunken waren. Es konnten keine Belege dafür gefunden werden, dass andere Ziele wie die Bekämpfung von Hundemisshandlungen, die Erhöhung der öffentlichen Sicherheit und die Verbesserung der Zuchtbedingungen erreicht wurden. Reformbedarf zeigte sich in Bezug auf unbeabsichtigte Effekte, die die Nutzung der Datensysteme erschwerten.
Wegen häufig auftretender Neuralrohrdefekte bei Neugeborenen wurde in Costa Rica vorgeschrieben, dass vier Grundnahrungsmittel (Weizenmehl, Maismehl, Reis und Milchprodukte) mit Folsäure angereichert werden sollten. Ausschlaggebend für diese Entscheidung waren die geringen Mehrkosten für die Verbraucher*innen und die nachweislich vorbeugende Wirkung von Folsäure. Effektiv können etwa 70 % der Neuralrohrdefekte wie Anenzephalie und Spina bifida („offener Rücken“) durch eine ausreichende Zufuhr von Folsäure vor der Schwangerschaft vermieden werden. Eine höhere Folsäurezufuhr kann auch die Schwere solcher Defekte verringern. Eine neuere wissenschaftliche Studie, die in Costa Ricas Nationalem Kinderkrankenhaus durchgeführt wurde, ergab, dass sich der Anteil der Neugeborenen mit Spina bifida, bei denen große, nicht verschließbare Läsionen festgestellt wurden, die zu dauerhafter Behinderung oder zum Tod führen, nach der Einführung der obligatorischen Folsäureanreicherung von 7 % auf 1 % verringert hatte.
Quelle: Indicators of Regulatory Policy and Governance (iREG) Survey, 2024; Improving the Provision of Active Labour Market Policies in Estonia (OECD, 2021[19]); UK Department for Environment & Rural Affairs (2021[20]); Caceres et al. (2023[21]); Sight and Life and World Food Programme (2017[22]); Costa Rican Ministry of Health et al. (2006[23]); MRC Vitamin Study Research Group (1991[24]).
Die Feedbackschleife schließen
Das obige Beispiel aus den Vereinigten Staaten zeigt auch, wie bei der Umsetzung gewonnene Daten und Erkenntnisse zur Umgestaltung von Regelungen genutzt werden können, womit ein effizienzsteigernder, evidenzbasierter Verbesserungskreislauf in Gang gesetzt wird. Diese entscheidende Etappe der Überführung der Evidenz in Wirkung fehlt in vielen OECD-Ländern aber noch. Die meisten Mitgliedsländer geben zwar an, dass sie über Mechanismen verfügen, um auf festgestellte Ergebnisse zu reagieren – sei es auf Ebene der zuständigen Ministerien, sei es in parlamentarischen Prozessen –, aber weniger als die Hälfte berichten von Evaluierungen, die zu greifbaren Verbesserungen führten.
In den letzten fünf Jahren haben fünf OECD-Mitglieder die Wirksamkeit ihrer Evaluierungsprozesse im Hinblick auf die Verbesserung des Regelungsbestands untersucht. Die Ergebnisse dieser Prüfungen können für andere Länder relevant sein, die Lücken in ihren eigenen Verfahren erkennen und die Feedbackschleife für einen evidenzbasierten Verbesserungsprozess schließen möchten. In Mexiko wurde beispielsweise festgestellt, dass sich die Erfüllung der Auflagen für bessere Rechtsetzung im Zeitraum 2019–2020 als schwierig erwiesen hatte. Nach Einschätzung der für die Beobachtung der Erfüllung dieser Auflagen zuständigen Behörde war dies auf mit der Coronapandemie verbundene Kapazitätsengpässe zurückzuführen. Sie stellte daher eine Liste aller konkreten Fälle von Nichterfüllung auf und verpflichtete sich, im Folgejahr bei den betreffenden Ministerien nachzuprüfen, wie weit sie mit der Erfüllung der Auflagen gekommen waren (CONAMER, 2021[25]).
Durch effektive und gemeinsame Umsetzung Wirkung erzielen
Copy link to Durch effektive und gemeinsame Umsetzung Wirkung erzielenGanz gleich, wie gut eine Regelung konzipiert ist, hängt ihre Wirksamkeit im Hinblick auf die angestrebten Effekte doch davon ab, wie sie konkret in der Praxis umgesetzt wird. Ausschlaggebend für die Wirksamkeit einer Regelung ist daher letztlich die Fähigkeit der zuständigen Stellen, ihre Einhaltung zu gewährleisten. Dies lässt sich am Beispiel von Produktsicherheitsbestimmungen verdeutlichen: Selbst wenn bei der Ausarbeitung dieser Bestimmungen optimal mit Evidenz gearbeitet wurde, um das richtige Gleichgewicht zwischen Chancen und Risiken zu finden, können unsichere Produkte auf den Markt gelangen, wenn die zuständige Behörde überlastet ist und die Sicherheit der Produkte nicht überprüfen kann. Wenn ein Babyphone beispielsweise nicht auf wichtige Warnsignale reagiert, bei denen die Eltern einschreiten müssten, und es der Produktsicherheitsbehörde nicht gelingt, dieses Produkt vom Markt zu nehmen, ist das Leben von Säuglingen in Gefahr. Um möglichst effektiv zu sein, sollten Regelungen daher „wirkungsorientiert“ sein und durch Leitfäden ergänzt werden, die ihre Einhaltung erleichtern (Blanc und Cola, 2019[26]).
Wenn die zuständigen Stellen den Praxistest bestehen und eine wirkungsvolle Rechtsetzung gewährleisten sollen, müssen sie ihre begrenzten Ressourcen so einsetzen, dass die Wirkung maximiert wird. Risikobasierte Ansätze ermöglichen den Regelungsinstanzen, ihre Anstrengungen dorthin zu richten, wo sie am dringendsten nötig sind, und dies so, dass die gewünschten Effekte erzielt werden. Eine effektive und reibungslose Umsetzung setzt zudem voraus, dass die Regelungen kohärent und konsistent sind, auch über Landesgrenzen hinweg. Eine ebenenübergreifende und internationale Koordination kann positive Effekte maximieren, vor allem bei grenzüberschreitenden Herausforderungen.
Wirksamkeit risikobasiert maximieren
Damit Regelungen möglichst wirksam bei der Abwendung von Gefahren sind und keine zu hohen Belastungen für die Unternehmen entstehen lassen, müssen die zuständigen Stellen bei ihrer Umsetzung „intelligent“ vorgehen. Jedes einzelne Produkt zu testen oder jedes Unternehmen zu prüfen, ist auf Dauer weder machbar (dazu fehlt es an Ressourcen) noch wünschenswert (es würde unnötiger Aufwand entstehen). Deshalb müssen Aktivitäten der Konformitätssicherung und Rechtsdurchsetzung an der Höhe des Risikos ausgerichtet werden, das eingedämmt werden soll. Das bedeutet auch, dass die Eingriffe und Maßnahmen, z. B. Kontrollen, entsprechend abgestimmt werden müssen.
Vor diesem Hintergrund sind positive Ansätze, die die Einhaltung der Vorschriften fördern, negativen – bestrafenden – Maßnahmen im Allgemeinen vorzuziehen. Die zuständigen Stellen sollten sich im Umgang mit den Normadressaten auf einen breiten Fächer von Instrumenten stützen. Sie sollten harte Strafen gegen Unternehmen verhängen können, die sich schwerer Regelverstöße schuldig machen oder die aktiv und wissentlich strafrechtlich relevante Handlungen verüben. Sie sollten aber auch in der Lage sein, Unternehmen, die komplexe Regelungen noch nicht völlig verinnerlicht oder nicht richtig verstanden haben, Orientierungshilfen zu geben (Ayres und Braithwaite, 2016[27]). Wenn Unternehmen bei der Einhaltung der Regelungen geholfen wird und Unternehmen, die sich freiwillig und von sich aus vorbildlich verhalten, belohnt werden, kann ein gemeinsames Interesse am Schutz öffentlicher Güter wie Gesundheit, Sicherheit und Umwelt gefördert und das Vertrauen zwischen öffentlichem und privatem Sektor gefestigt werden.
Durch die Einbindung der Normadressaten, etwa der Unternehmen, in das Risikomanagement kann die Wirkung der Regelungen stark gesteigert werden. Wenn die Normadressaten in eine gemeinsame Risikoabschätzung einbezogen werden, können öffentliches und privates Handeln besser aufeinander abgestimmt werden, was eine höhere Rechtskonformität fördert. Zudem kann um Rechtskonformität bemühten Unternehmen dadurch bei der Kommunikation und beim Verständnis der Regelungen geholfen werden. Eine Möglichkeit, die Unternehmen in das Risikomanagement einzubeziehen, sind Anreize zur Nutzung von Selbstbeurteilungen, um bessere Ergebnisse zu erzielen und die Sicherheit in ihrem Sektor insgesamt zu erhöhen.
Die staatlichen Stellen können Risikoabschätzungen verwenden, um festzustellen, wo der größte Handlungsbedarf besteht. Auf diese Weise kann die Rechtsdurchsetzung gezielter auf die Bereiche ausgerichtet werden, in denen Regelverstöße am wahrscheinlichsten sind bzw. die schwerwiegendsten Folgen haben. Dadurch können wichtige Funktionen zum Schutz der Bürger*innen und der Umwelt gesichert und zugleich öffentliche Mittel eingespart werden. Mithilfe von Datenanalysen, mathematischen Modellen und Informationssystemen kann z. B. vorhergesagt werden, wo mit größter Wahrscheinlichkeit mit Regelverstößen zu rechnen ist. Anhand dieser Informationen ist es den Behörden dann möglich, bestimmte Unternehmen gezielt zu prüfen (Kasten 5.4).
Kasten 5.4. Nutzung von Daten zur Vorhersage von Regelverstößen
Copy link to Kasten 5.4. Nutzung von Daten zur Vorhersage von RegelverstößenIn Italien wurden in drei Regionen, der Lombardei (Arbeitsschutz), der Provinz Trient (Umweltschutz) und in Kampanien (Lebensmittelsicherheit) Pilotprojekte für eine bessere Risikoeindämmung durchgeführt. Dazu wurden die Ergebnisse früherer Sicherheitskontrollen genutzt, um Konformitätsanalysen zu erstellen. Im Bereich der Lebensmittelsicherheit z. B. werden bei jeder Prüfung jeweils unterschiedliche Aspekte geprüft (etwa die Sauberkeit der Arbeitsflächen oder das Tierwohl). Unter der Annahme, dass Unternehmen, die in Bezug auf einen dieser Aspekte nicht konform sind, es auch in anderen Bereichen nicht sind, können statistische Korrelationen errechnet werden, mit deren Hilfe sich Regelverstöße vorhersagen lassen.
Zudem fallen Unternehmen, bei denen es in der Vergangenheit zu Regelverstößen gekommen ist, mit größerer Wahrscheinlichkeit auch bei späteren Kontrollen negativ auf. Ausgehend von solchen Erfahrungswerten können die Aufsichtsbehörden ihre Prüfressourcen gezielt auf die Unternehmen ausrichten, bei denen das Risiko am größten ist, und ihnen zugleich helfen, die geltenden Vorschriften besser einzuhalten. So ergab die Analyse vergangener Lebensmittelkontrollen z. B. Korrelationen zwischen den Ergebnissen verschiedener Kontrollprozesse in denselben Unternehmen. Daraus können Schlüsse bezüglich der Konformität in Bezug auf andere noch nicht geprüfte Aspekte gezogen werden. Die Unternehmen könnten solche Tools folglich auch zur Selbstbeurteilung nutzen und ihre Risikoabschätzung um eine Wahrscheinlichkeitskomponente erweitern.
Quelle: OECD (2021[28]).
Die Rechtsdurchsetzung und die Konformitätskontrolle werden im OECD-Raum üblicherweise an nicht weisungsgebundene Instanzen delegiert. Dennoch kann die zentralstaatliche Ebene in diesen Bereichen eine wesentliche Rolle spielen, indem sie Erwartungen formuliert und den betreffenden Stellen ermöglicht, einen risikobasierten Ansatz zu verfolgen. Die vorliegenden Daten deuten darauf hin, dass die OECD-Mitglieder Kontrollen und Durchsetzungsaktivitäten stärker auf risikobasierte Ansätze gründen könnten: 17 Länder geben an, dass sie den Aufsichts- und Durchsetzungsbehörden gestatten, ihre Aktivitäten an Risikokriterien auszurichten – sie schreiben dies aber nicht vor. Die Nutzung von Daten bzw. Risikokriterien ist dort somit Ermessensfrage. Nur in 12 Ländern sind risikobasierte Ansätze vorgeschrieben. Auch der Anteil der OECD-Länder, in denen es eine Rechtsvorschrift oder ein Grundsatzdokument gibt, das explizit differenzierte, situationsgerechte Durchsetzungsaktivitäten zulässt (z. B. je nach Profil, bisheriger Konformität oder Verhalten der Unternehmen), ist eher gering (14 Länder).
Ein risikobasierter Regelungsvollzug erfordert ständige Anstrengungen: Die zuständigen Stellen müssen einen geeigneten Mechanismus einrichten, um zu beobachten, wie sich die Risiken in der Praxis entwickeln, und um bei Bedarf einschreiten zu können. Ein solches kontinuierliches Monitoring ist deshalb besonders wichtig, weil neue Produkte und Dienstleistungen (von E-Zigaretten bis hin zum Onlinehandel oder dem Internet der Dinge) dazu führen, dass sich die Gewohnheiten und Erwartungen der Verbraucher*innen und damit auch die an die Produkte und Dienstleistungen geknüpften Risiken laufend verändern. Das bedeutet, dass die zuständigen Behörden ein Ziel verfolgen müssen, das ständig in Bewegung ist. Die Marktüberwachung ist ein wichtiges Instrument, um das laufende Risikomanagement zu unterstützen (Kasten 5.5). Es handelt sich dabei üblicherweise um Aktivitäten, die von Behörden oder Agenturen durchgeführt werden, die sicherstellen sollen, dass die auf dem Markt angebotenen Produkte den geltenden Vorschriften und Standards entsprechen, und die gegebenenfalls einschreiten müssen, um Produkte vom Markt zu nehmen, von denen Gefahren ausgehen, z. B. durch Produktrückrufe. Auf diese Weise leistet die Marktüberwachung einen wichtigen Beitrag zur Sicherung funktionierender Märkte mit fairem und offenem Wettbewerb, auf denen wirksamer Verbraucherschutz nicht auf Kosten der Innovationstätigkeit geht.
Kasten 5.5. Marktüberwachung als Instrument des Risikomanagements
Copy link to Kasten 5.5. Marktüberwachung als Instrument des RisikomanagementsUnter dem Eindruck des Hackitt-Berichts von 2018, in dem die Bau- und Brandschutzvorschriften geprüft wurden, beschloss das UK Office for Product Safety and Standards (OPSS), die britische Verbraucherschutzbehörde, potenzielle Probleme künftig bereits anzugehen, bevor sie akut werden. Die für Bauprodukte zuständige Stelle des OPSS empfahl, bereits bestehende Akteursbeziehungen zu nutzen, um von Produkten ausgehende Gefahren zu erkennen und sicherzustellen, dass die Erzeugnisse das leisten, was sie zu leisten vorgeben. Sechs Produkte stufte sie dabei als prioritär ein. Aktuell arbeitet sie an einem Toolkit, um Verhaltensänderungen in der Industrie herbeizuführen. Sie verfolgt dabei einen daten- und evidenzbasierten Ansatz, um zu ermitteln, wo Handlungsbedarf besteht, und um die ergriffenen Maßnahmen gezielt auszurichten. Um gegen nicht konforme Importprodukte vorzugehen, werden im Rahmen des „Ports and Borders Programme“ Produktprofile ausgearbeitet, die den Grenzbehörden dabei helfen sollen, sicherzustellen, dass Importe von Herstellern, die bereits in der Vergangenheit durch nicht konforme Produkte aufgefallen waren, genau geprüft werden. Dieser Ansatz zeigt, wie wichtig Daten und Risikoabschätzungen für die Marktüberwachung sein können.
Quelle: Gespräche mit Mitarbeitenden des OPSS und von ihnen zur Verfügung gestellte Unterlagen.
Durch gemeinsames Handeln größtmögliche Wirkung erzielen
Bei der konkreten Umsetzung von Regelungen in der Praxis treten oft Lücken, Doppelungen und Widersprüche zutage, die das Verständnis und die Einhaltung der Vorschriften erschweren. Kleinen Unternehmen können z. B. die unterschiedlichen Anforderungen Schwierigkeiten bereiten, denen ihre Exporte entsprechen müssen, und Menschen, die in unterschiedlichen Ländern leben und arbeiten, sehen sich oft mit einem komplexen Geflecht von Verwaltungsverfahren konfrontiert. Lücken und Widersprüchlichkeiten zwischen den Vorschriften verschiedener Länder können es politisch Verantwortlichen zudem unmöglich machen, auf die Herausforderungen einer globalen und vernetzten Welt zu antworten. Solche Unstimmigkeiten schaffen Anreize für global operierende Unternehmen, ihre Geschäftstätigkeit in die Länder zu verlagern, in denen die Regelungen am wenigsten streng sind, womit die Gefahr eines Wettlaufs nach unten entsteht. Um globale öffentliche Güter und gleiche Bedingungen für alle zu sichern, müssen die Staaten zusammenarbeiten, wie sie dies z. B. im Rahmen des Inclusive Forum on Carbon Mitigation Approaches zur Emissionsminderung oder des Inclusive Framework von OECD und G20 gegen Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS) tun. Aber auch innerhalb der einzelnen Länder werden Regelungen und Auflagen häufig auf verschiedenen staatlichen Ebenen festgelegt und umgesetzt, was zu Konflikten und Überschneidungen führen kann. Damit Rechtsvorschriften einen greifbaren Effekt in der Praxis haben, müssen politisch Verantwortliche auf innerstaatlicher und zwischenstaatlicher Ebene zusammenarbeiten, sich über Beispiele bester Praxis austauschen und gewährleisten, dass die geltenden Regelungen kohärent und konsistent sind.
Kohärenz auf zwischenstaatlicher Ebene ...
In der globalisierten Welt von heute, die von integrierten Wertschöpfungsketten und grenzüberschreitenden Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalströmen geprägt ist, schaffen es die einzelnen Länder nicht mehr allein, die Risiken wirksam einzudämmen und ihre Bürger*innen vor Gefahren zu schützen. Aus diesem Grund hat die OECD die Empfehlung des Rates zur Bewältigung globaler Herausforderungen durch internationale Zusammenarbeit im Regulierungsbereich ausgearbeitet. Sie rät den Ländern, internationale Wissensbestände und Fachkenntnisse zu berücksichtigen, bei der Ausarbeitung von Rechtsvorschriften den geltenden internationalen Vereinbarungen Rechnung zu tragen und die internationalen Kosten und Nutzeffekte der innerstaatlichen Rechtsetzung sowie die Effekte von Abweichungen gegenüber den geltenden internationalen Regelungen zu untersuchen (OECD, 2022[29]). Internationale Zusammenarbeit im Rechtsetzungsbereich kann die Kohärenz der Rechtsvorschriften erhöhen, indem sie es ermöglicht, Begriffe und Definitionen abzustimmen, Erfahrungen auszutauschen und gemeinsame Leitlinien und Referenzwerte festzulegen.
Die Staaten müssen zusammenarbeiten, um Regelungen auszuarbeiten und umzusetzen, mit denen grenzüberschreitende Herausforderungen erfolgreich bewältigt werden können. Wie in den Best Practice Principles on International Regulatory Co-operation der OECD (OECD, 2021[30]) dargelegt, ist Zusammenarbeit daher auch im Bereich der Marktüberwachung und der Rechtsdurchsetzung unerlässlich. Drängenden globalen Herausforderungen wie Klimawandel, Gesundheitsgefahren und Steuerhinterziehung kann nur durch konzertiertes Handeln ohne Schlupflöcher und Widersprüchlichkeiten begegnet werden (OECD, 2021[30]). Zusammenarbeit beim Regelungsvollzug, bei der Durchsetzung der Vorschriften oder bei den Verfahren der Konformitätsprüfung dient zunehmend auch dazu, Komplexität zu verringern, den Zeit- und Mittelaufwand von Unternehmen und Verwaltung zu senken und die Logistik zu verbessern. Besonders wertvoll ist eine solche Zusammenarbeit, wenn zeitkritische Ausrüstung beschafft werden muss, wie während der Coronapandemie (OECD, 2020[31]), wenn es gilt, die Gesundheit und Sicherheit der Bürger*innen zu schützen, ohne unnötigen Aufwand für die Unternehmen, z. B. durch zusätzliche Chemikalientests, zu schaffen, oder wenn wettbewerbs- und kartellrechtliche Verfahren mehrere Länder betreffen (OECD, 2022[32]). So kann z. B. die gegenseitige Anerkennung von Tests und Zertifizierungen anderer Länder den Konformitätsprüfaufwand im Inland und die internationalen Handelskosten verringern. Dank des Systems der gegenseitigen Anerkennung von Daten des Environment, Health and Safety Programme der OECD lässt sich beispielsweise vermeiden, dass Industriechemikalien, Pestizide und Biozide mehrfach getestet werden müssen. Außerdem verringert dieses Programm den Testaufwand, da auf Berechnungskonzepte zurückgegriffen wird, um die Eigenschaften von Chemikalien vorherzusagen. Sein jährlicher Nettonutzen wird auf über 309 Mio. EUR geschätzt (APEC, o. J.[33]). Außerdem kann dadurch beim Test neuer Chemikalien auf Versuche an über 32 000 Tieren jährlich verzichtet werden.
Um gemeinsame Herausforderungen zu bewältigen und positiv auf das Leben der Menschen einzuwirken, müssen die Staaten zusammenarbeiten, auch indem sie Daten und andere sachdienliche Informationen austauschen und geeignete grenzüberschreitende Konformitäts- und Durchsetzungsmaßnahmen konzipieren. Dies gestattet Regierungen und Durchsetzungsbehörden, ihre Evidenzbasis zu vergrößern, um potenzielle Risiken zu erkennen und eine stärkere Rechtskonformität zu fördern, z. B. durch Prüfung der Herkunft von Waren und Finanzströmen oder der Identität von Reisenden. Besonders wichtig sind internationale Zusammenarbeit und internationaler Datenaustausch, um Gefahren durch kriminelle oder terroristische Vereinigungen abzuwehren (Kasten 5.6).
Kasten 5.6. Internationale Zusammenarbeit für einheitliche Anforderungen an Vorab-Frachtinformationen
Copy link to Kasten 5.6. Internationale Zusammenarbeit für einheitliche Anforderungen an Vorab-FrachtinformationenNachdem 2010 in Luftfracht aus dem Jemen, die in die Vereinigten Staaten gehen sollte, Sprengstoff gefunden wurde, war klar, dass der internationale Luftfrachtverkehr zu einem Terrorismusziel geworden war. Aus diesem Grund startete die kanadische Verkehrssicherheitsbehörde Transport Canada ein 18-monatiges Pilotprojekt. Es sollte untersucht werden, wie hilfreich es ist, von Fluggesellschaften zu verlangen, dass sie die Frachtinformationen, z. B. zu Spediteur, Empfänger und Art der Waren, bereits vor dem Verladen der Fracht einreichen (Pre-load Air Cargo Targeting – PACT). Dieses Verfahren ermöglicht es den Behörden, besser vorauszuplanen und die Kontrollen bei der Ankunft zu verringern. Die für die Prüfung zuständige Stelle signalisiert dabei risikoträchtigere Frachten und verlangt eingehendere Informationen, trifft notwendige Maßnahmen zur Gefahreneindämmung oder verweigert schlicht die Einfuhr, falls gravierende Risiken festgestellt werden. Das kanadische Verfahren erfolgte zunächst per E-Mail. Es erwies sich dann aber als derart erfolgreich, dass Transport Canada 2018 in ein Datensystem investierte, um die Einreichung der Informationen und ihre Analyse zu automatisieren.
Seitdem haben viele Länder ähnliche Vorabinformationspflichten für internationale Luftfracht eingeführt, so z. B. die Vereinigten Staaten (ACAS), das Vereinigte Königreich (Pre-DICT) und die Europäische Union (ICS2). Stand 2023 galten für 35 % der jährlichen weltweiten Fracht solche Auflagen. Um die Umsetzung zu erleichtern und eine bessere Abstimmung zu gewährleisten, hat die Internationale Zivilluftfahrtorganisation 2019 zusammen mit der Weltzollorganisation gemeinsame Leitsätze für Vorab-Frachtinformationen veröffentlicht. Die in diesem Bereich erzielten Fortschritte waren entscheidend während der Coronapandemie, als wichtige medizinische Güter ohne Abstriche bei der Sicherheit schnell und effizient auf dem Luftweg transportiert werden mussten.
Quellen: Arbeiten der OECD in Zusammenarbeit mit Transport Canada; https://www.iata.org/en/publications/newsletters/iata-knowledge-hub/placi-the-new-security-regulation-changing-air-cargo-industry-dynamics; https://www.icao.int/Security/aircargo/Documents/Joint%20WCO-ICAO%20Guiding%20Principles%20for%20PLACI%20EN.pdf.
Den Staaten bietet sich auch die Möglichkeit, ihre Informationen zusammenzulegen, um die Marktüberwachung zu verbessern und gefährliche Produkte schneller vom Markt zu nehmen. Gemeinsame Warnsysteme und Plattformen können beispielsweise genutzt werden, um Produkte zu signalisieren, bei denen Sicherheitsrisiken aufgetreten sind. Das europäische Informations- und Kommunikationssystem für die Marktüberwachung (ICSMS) ermöglicht es den zuständigen Behörden der Länder der EU und der Europäischen Freihandelsassoziation, Informationen über nicht konforme Produkte (ohne Nahrungsmittelerzeugnisse) auszutauschen. Diese Plattform kann auch genutzt werden, um Maßnahmen und Prüfungen zu koordinieren, wodurch sich die Kohärenz innerhalb des Binnenmarkts erhöht und Doppelprüfungen vermieden werden. Außerdem hat die Europäische Union das Schnellwarnsystem Safety Gate für Non-Food-Produkte eingerichtet, von denen Risiken ausgehen. Es könnten allerdings noch andere Datenquellen eingebunden werden, z. B. Feuerwehren oder Gesundheitseinrichtungen, die vor Produkten warnen können, die mit Bränden oder Unfällen in Zusammenhang stehen.
In anderen Fällen haben Staaten ihre Zusammenarbeit durch die Einrichtung ständiger Mechanismen formalisiert, die die Kohärenz der geltenden Vorschriften und Verfahren erhöhen sollen. Solche Mechanismen können über den Informationsaustausch hinausgehen und eine gemeinsame Informationserfassung sowie Anstrengungen zur Verringerung regulatorischer Hindernisse für Unternehmen und Privatpersonen umfassen. Beispiele aus dem deutsch-französischen Grenzraum zeigen, wie solche Mechanismen zur Verbesserung des regulatorischen Umfelds für Unternehmen und Privatpersonen beitragen können (Kasten 5.7).
Kasten 5.7. Akteure der Politikkoordination im deutsch-französischen Grenzraum
Copy link to Kasten 5.7. Akteure der Politikkoordination im deutsch-französischen GrenzraumZwischen Deutschland und Frankreich bestehen enge kulturelle Beziehungen und über 50 000 Einwohner*innen der Grenzregionen pendeln täglich zwischen den beiden Ländern. Damit unterliegen viele deutsche Staatsbürger*innen der französischen Verwaltung und viele französische der deutschen, z. B. bei der Nutzung von Gesundheitsleistungen, im Steuerbereich oder wenn sie den Führerschein machen wollen.
Daher gibt es zahlreiche gemeinsame Initiativen zwischen der französischen und deutschen Verwaltung. Sie erleichtern den freien Personenverkehr und sorgen dafür, dass die Menschen von den Vorteilen des Lebens im Grenzraum profitieren können. Solche Initiativen gibt es in vielen Bereichen, von Verkehr und Mobilität (so fährt beispielsweise eine Straßenbahn zwischen Straßburg und Kehl) bis hin zu Bildung und Integration (z. B. mit der gegenseitigen Anerkennung des Kulturpasses für Jugendliche).
In der Großregion, die außer dem deutsch-französischen Grenzraum auch Luxemburg und Teile Belgiens umfasst, und in der Metropolregion Oberrhein, zu der neben den deutschen und französischen Grenzregionen auch die Nordwest-Schweiz gehört, bringen grenzüberschreitende Gremien Vertreter*innen der zentralen Ebene und der Kommunen der Nachbarländer zusammen. Die Koordination gewährleisten dabei einerseits der Gipfel der Exekutiven der Großregion und andererseits die Oberrheinkonferenz. Zusätzlich gibt es Gremien, die grenzüberschreitende Projekte begleiten, wie etwa die Mission Opérationelle Transfrontalière und das Euro-Institut, das Fortbildungen und Tagungen für Einrichtungen in der Oberrheinregion anbietet und organisiert. Der 2019 gegründete deutsch-französische Ausschuss für grenzüberschreitende Zusammenarbeit befasst sich mit in den Grenzregionen auftretenden Hindernissen und macht Vorschläge zu deren Behebung, die er dem deutsch-französischen Ministerrat unterbreitet.
Auch die Europäische Union spielt eine wichtige Rolle in den Grenzregionen, indem sie im Kontext der Personenfreizügigkeit Programme für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit fördert.
Quelle: Franco-German Barometer on Administrative Complexity, OECD, erscheint demnächst.
... und auf innerstaatlicher Ebene
Die Befugnisse zur Ausarbeitung und Durchsetzung von Regelungen verteilen sich im Allgemeinen auf verschiedene staatliche Ebenen – die nationale, regionale und lokale Ebene. In vielen Ländern sind die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften für die Umsetzung der auf nationaler Ebene verabschiedeten Rechtsvorschriften zuständig. Zur Umsetzung nationaler Regelungen erlassen die regionalen oder lokalen Behörden häufig untergesetzliche Regelungen in Form von Satzungen, Richtlinien, Handlungsanweisungen, Leitlinien, Vorlagen oder anderen verbindlichen Rechtsinstrumenten. Zudem spielen sie oft eine wichtige Rolle beim Regelungsvollzug, z. B. durch die Vergabe von Lizenzen, die Erteilung von Genehmigungen, durch Kontrollen und Rechtsdurchsetzungsmaßnahmen. In föderalen Staaten ist die subnationale Ebene häufig auch für die Rechtsetzung in bestimmten Bereichen zuständig, beispielsweise im Bereich der Daseinsvorsorge, was z. B. Abwasserentsorgung, Gesundheitsversorgung und Abfallentsorgung sowie manchmal Energieerzeugung und -verteilung umfassen kann.
Diese komplexe Zuständigkeitsverteilung erfordert eine Koordinierung zwischen den Stellen, die auf den verschiedenen Ebenen über Rechtsetzungsbefugnisse verfügen. Die Ausübung dieser Befugnisse durch verschiedene staatliche Ebenen sollte grundsätzlich konzertiert erfolgen, um eine größere Wirkung zu erzielen, z. B. um wirtschafts- und sozialpolitische Ziele zu erreichen oder die Bürger*innen und die Umwelt zu schützen. Aufgrund der Komplexität der Beziehungen kann es jedoch zu horizontalen und vertikalen Lücken, Überschneidungen und Widersprüchen kommen. Wenn das regulatorische „Puzzle“ nicht aufgeht, können unnötige Belastungen für Unternehmen und Bürger*innen entstehen. Zugleich können Lücken in der Rechtsetzung und im Regelungsvollzug zu Schlupflöchern führen, die die Wirkung der Regelungen in der Praxis untergraben.
Die vorliegenden Daten zeigen, dass noch nicht alle OECD-Mitglieder Maßnahmen ergriffen haben, um eine kohärente Rechtsetzung ohne Lücken, Doppelungen und Unstimmigkeiten zwischen den verschiedenen staatlichen Ebenen zu fördern. Im Vergleich zu 2021 verfügen inzwischen 26 von 38 OECD-Mitgliedern über mindestens einen Koordinierungsmechanismus zwischen der nationalen und der subnationalen Ebene bzw. den Kommunen, um die regulatorische Kohärenz zu verbessern und Doppelarbeit bzw. Regelungskonflikte zu vermeiden. Am üblichsten sind dabei ständige Koordinierungsmechanismen. Ein Beispiel hierfür liefert Kasten 5.8: Obwohl Italien ein Einheitsstaat ist, bedarf es einer Politikkoordinierung zwischen den verschiedenen staatlichen Ebenen. Diese wird durch Instanzen erleichtert, die gemeinsame Rechtsetzungskapazitäten stärken und die Kohärenz der Rechtsetzung verbessern.
Neben spezifischen Koordinierungsmechanismen kann auch die systematische Anwendung anerkannter guter Praxis bei der Ausarbeitung, dem Vollzug und der Überprüfung von Regelungen auf allen staatlichen Ebenen die Kohärenz über den gesamten Politikzyklus hinweg fördern. Das bedeutet, dass die zuständigen Stellen auf lokaler und regionaler Ebene dazu ermutigt werden sollten, solche Praktiken – insbesondere Nutzung von Evidenz, Risikoanalyse und effektive Akteursbeteiligung – ebenso in ihren Rechtsetzungsprozess einzubinden wie die zuständigen Stellen auf nationaler Ebene. 2024 verabschiedete Brasilien eine nationale Strategie für bessere Rechtsetzung, die darauf abzielt, institutionelle Kapazitäten zu schaffen und die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Stellen auf Bundesebene und anderen relevanten Rechtsetzungsakteuren auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene zu fördern (MDIC, 2024[34]).
Die OECD-Mitglieder haben verschiedene Ansätze entwickelt und umgesetzt, um die Einführung guter Rechtsetzungspraktiken auf subnationaler Ebene zu fördern. Das Spektrum reicht dabei von verbindlichen Rechtsvorschriften, die die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften verpflichten, Instrumente des Regelungsmanagements zu entwickeln und umzusetzen, bis hin zu freiwilligen Ansätzen, Empfehlungen und Kapazitätsaufbau. 2018 nahm Mexiko beispielsweise Bestimmungen in die Bundesverfassung auf, die die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften verpflichten, eigene Rechtsetzungsverfahren unter Berücksichtigung der Leitlinien der Bundesregierung zu entwickeln und umzusetzen. Zentral- oder Bundesregierungen können die subnationalen Einheiten auch auffordern, an Projekten oder Initiativen teilzunehmen, die darauf abzielen, eine übergreifende Rechtsetzungspolitik festzulegen oder ein bestimmtes Instrument oder einen Katalog von Instrumenten des Regelungsmanagements wie Gesetzesfolgenabschätzung, Akteursbeteiligung oder Ex-post-Evaluierung auszuarbeiten.
Die vorliegende Evidenz lässt darauf schließen, dass die OECD-Staaten auf allen Ebenen über reichlich Spielraum verfügen, die gemeinsame Rechtsetzung durch den Austausch über Best Practices sowie Instrumente und Verfahren des Regelungsmanagements zu verbessern. Weniger als die Hälfte (17) der OECD-Mitglieder setzt sich aktiv für die Umsetzung einer Rechtsetzungspolitik auf subnationaler Ebene ein. Dies ist nur eine geringfügige Zunahme gegenüber den 16 Mitgliedern, die dies im Jahr 2021 taten. Außerdem hat nur eine Minderheit der Länder der regionalen (15) und lokalen (13) Ebene institutionelle Zuständigkeiten erteilt, um gute Rechtsetzungspraktiken zu fördern. Die Einrichtung von Mechanismen und Institutionen zur Förderung besserer Rechtsetzung auf subnationaler Ebene kann eine wirksame Strategie sein, um die Auswirkungen der Rechtsetzung auf die Bürger*innen und die Gesellschaft zu verbessern.
Kasten 5.8. Ebenenübergreifende Politikkoordinierung
Copy link to Kasten 5.8. Ebenenübergreifende PolitikkoordinierungPolitikkoordinierung zwischen verschiedenen staatlichen Ebenen in Italien
Italiens Mehrebenensystem, das durch die Aufteilung der Befugnisse zwischen der zentralen, regionalen und lokalen Ebene gekennzeichnet ist, setzt eine erfolgreiche Politikkoordinierung voraus. In einigen Bereichen teilen sich die zentrale und regionale Ebene die Zuständigkeiten, in anderen haben die Regionen die ausschließliche Rechtsetzungskompetenz. Daher wurden verschiedene Mechanismen eingerichtet, um die Koordinierung zwischen den verschiedenen staatlichen Ebenen zu erleichtern, den Dialog zu fördern und ein Umfeld zu schaffen, das einen effizienten Regelungsvollzug durch den Austausch von Best Practices, Instrumenten und Methoden ermöglicht:
Die Conferenza Permanente per i rapporti tra lo Stato, le Regioni e le Province Autonome di Trento e Bolzano (Ständige Konferenz für die Beziehungen zwischen dem Staat, den Regionen und den Autonomen Provinzen Trient und Bozen) ermöglicht einen Dialog zwischen der Zentralregierung, den Regionen und den autonomen Provinzen über wichtige Verwaltungs- und Rechtsvorschriften. Die Zusammenarbeit wird durch Tagungen der Konferenz und Sondersitzungen zur Erörterung von EU-Politikfragen mit Auswirkungen auf Regionen und Kommunen gefördert.
Die Conferenza Unificata, die „gemeinsame Konferenz“ fördert den Informationsaustausch zwischen der Zentralregierung und den Regionen sowie den Provinzen und Kommunen, um ein gemeinsames Verständnis und eine Koordinierung zwischen allen institutionellen Ebenen des Landes zu ermöglichen. Sie hat eine Beratungsfunktion und gibt beispielsweise Stellungnahmen zum Haushaltsentwurf ab. Dies ermöglicht es den lokalen, regionalen und zentralen Behörden, sich am Verfahren zu beteiligen.
Im Rahmen der Conferenza Unificata ermöglicht die Conferenza permanente per il Coordinamento della Finanza publica, die ständige Konferenz für die Koordinierung der öffentlichen Finanzen, eine weitere Koordinierung in Fragen, die die öffentlichen Finanzen betreffen. Um eine angemessene und ausgewogene regionale und demografische Repräsentation zu gewährleisten, nehmen daran Vertreter*innen der zentralen, der regionalen und der lokalen Ebene teil.
Die Conferenza Stato-Città ed autonomie locali, die Konferenz für die Beziehungen zwischen dem Staat und den nachgeordneten Gebietskörperschaften, ermöglicht die Koordinierung zwischen der zentralen Ebene und den lokalen Behörden und ist am Rechtsetzungsprozess der EU beteiligt.
Europa Decentraal – Mehrebenenberatung zum EU-Recht in den Niederlanden
Europa Decentraal ist eine Initiative, die 2002 vom niederländischen Ministerium für Inneres und Königreichsbeziehungen, dem Verband niederländischer Kommunen (Vereniging van Nederlandse Gemeenten – VNG), dem Beratungsgremium der Provinzen (Interprovinciaal Overleg – IPO) und dem Verband der regionalen Wasserbehörden (Unie von Watershappen) ins Leben gerufen wurde, um zentrale und dezentrale Behörden bei Fragen zum EU-Recht und zur EU-Politik zu unterstützen. Europa Decentraal informiert und berät die zentralen und dezentralen Behörden in Bezug auf Europarecht und Europapolitik und unterstützt sie in Fragen der korrekten Anwendung von Rechtsvorschriften der Europäischen Union. Laut dem Jahresbericht 2023 von Europa Decentraal wurden in diesem Jahr rd. 500 Hilfs- und Beratungsanfragen zu EU-Recht und -Politik bearbeitet. Davon stammten 68 % von lokalen Behörden oder Provinzen, 9 % von der Zentralregierung und der Rest von anderen staatlichen Organen.
Quelle: https://www.interno.gov.it/it/temi/territorio/sistema-autonomie, https://europadecentraal.nl (Abruf: 20. April 2024).
Die zuständigen Stellen müssen nicht nur die Kohärenz der Regelungen auf dem Papier gewährleisten, sondern sie können die Regelungen auch effizienter und einheitlicher durchsetzen. Beispielsweise können sie ihre Tätigkeiten zur Förderung der Rechtskonformität durch den Datenaustausch gezielter ausrichten. Die Datenbestände einer Behörde können auch einer anderen Behörde nützliche Erkenntnisse liefern. So könnte beispielsweise bei einem Unternehmen, das gegen Lebensmittelstandards verstößt, auch die Wahrscheinlichkeit größer sein, dass es in anderen Bereichen die Standards nicht einhält. Der Austausch von Informationen über Unternehmen, die die Vorschriften nicht einhalten, und deren Merkmale kann den zuständigen Stellen daher helfen, Synergien zu schaffen und die Effizienz der Rechtsdurchsetzung zu maximieren. Unterschiedliche Datenerhebungsmethoden und Datenformate sowie Verwaltungsverfahren und wichtige Datenschutzauflagen können einen reibungslosen Informationsaustausch jedoch behindern.
Die Regierungen können nicht weisungsgebundene Instanzen positiv beeinflussen, indem sie zum Ausdruck bringen, dass sie von ihnen Zusammenarbeit und Datenaustausch erwarten. Strategische Richtlinien oder verbindliche Vorgaben können beispielsweise wichtige Signale sein, um die zuständigen Stellen dazu zu bringen, Daten auszutauschen. Die vorliegende Evidenz lässt jedoch darauf schließen, dass die OECD-Mitgliedsländer das Potenzial eines systematischen Informationsaustauschs noch nicht voll ausschöpfen. Nur 9 Länder verpflichten ihre Prüf- und Durchsetzungsbehörden, Informationen auszutauschen und an gemeinsamen Warnsystemen teilzunehmen. In 16 Ländern ist dies erlaubt, aber nicht vorgeschrieben (und in 13 Ländern ist es nicht erlaubt).
Effektive und leistungsfähige Institutionen schaffen
Copy link to Effektive und leistungsfähige Institutionen schaffenEs bedarf eines soliden institutionellen Fundaments, um Regelungen zu entwickeln und umzusetzen, die den Erwartungen der Menschen in Bezug auf Sicherheit und Wohlstand gerecht werden. Nur Einrichtungen, die über die nötigen internen Kapazitäten verfügen, sind dazu in der Lage, Regelungen auf Basis der bestmöglichen Evidenz zu konzipieren und mit dauerhafter Wirkung umzusetzen. Institutionen, die als zuverlässig gelten, weil ihre Arbeitsweise von den Normadressaten als ethisch, konsistent und rechenschaftspflichtig betrachtet wird, können die Rechtsbefolgung zudem wirksamer fördern. Staatliche Stellen, denen in den Medien vorgeworfen wird, öffentliche Mittel zu verschwenden oder ihren Auftrag nicht zu erfüllen, verlieren dagegen an Vertrauen. Als beispielsweise publik wurde, dass in England und Wales Rekordmengen unbehandelter Abwässer in Flüsse und ins Meer eingeleitet worden waren, zogen die zuständigen Stellen den Zorn der Öffentlichkeit auf sich, weil es ihnen nicht gelungen war, die Gewässer wirksam zu schützen (Laville, 2024[35]).
Kompetenzen und Ressourcen aufbauen
Um Rechtsvorschriften so zu gestalten und durchzusetzen, dass sie den Herausforderungen einer immer stärker vernetzten Welt gerecht werden, bedarf es verschiedenster Kompetenzen. Die in den Ministerien für die Ausarbeitung von Regelungen zuständigen Bediensteten müssen in der Lage sein, hochkomplexe fachliche Evidenz zu analysieren und zu evaluieren und den Entscheidungsträger*innen klar und verständlich zu präsentieren. Unabhängige Agenturen, die für den Vollzug von Regelungen zuständig sind, müssen Evidenz aus einem breiten Spektrum von Quellen sammeln, auswerten und nutzen können, um fundierte Entscheidungen zu treffen. Dies erfordert einen breiten Fächer an Analyse- und Verhaltenskompetenzen, wie beispielsweise kritisches Schlussfolgern, adaptives Denken, Stakeholdermanagement- und Kommunikationskompetenzen.
Die digitale Transformation und andere Formen technologischer Innovation bringen neue Herausforderungen für die Politik und den Regelungsvollzug mit sich, bieten jedoch auch neue Analysemöglichkeiten. Um deren Implikationen vollständig zu verstehen und das Potenzial neuer oder verbesserter Evidenzformen wie Big Data Analytics und maschinelles Lernen freizusetzen, stützen sich die staatlichen Stellen auf IKT- und Datenspezialist*innen sowie Fachkräfte in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Wegen des Wettbewerbs mit dem privaten Sektor haben die öffentlichen Verwaltungen in den OECD-Ländern allerdings Schwierigkeiten, solche Expert*innen einzustellen (OECD, 2023[36]). Kasten 5.9 beschreibt die Schritte, die die französische Verwaltung unternommen hat, um diese Herausforderungen durch die Bündelung von Ressourcen in einem technischen Kompetenzzentrum zu bewältigen.
Kasten 5.9. PEReN: Kompetenzzentrum für die Regulierung digitaler Plattformen
Copy link to Kasten 5.9. PEReN: Kompetenzzentrum für die Regulierung digitaler PlattformenDer französische PEReN (Pôle d’expertise de la régulation numérique) ist ein ressortübergreifendes Büro, in dem spezialisierte IT-Expert*innen und Datenwissenschaftler*innen tätig sind. Seine Aufgabe besteht darin, ein besseres Verständnis von Daten im Kontext der Regulierung digitaler Plattformen zu fördern. Das unter der gemeinsamen Verantwortung der Ministerien für Wirtschaft, Kultur und digitale Technologien gegründete PEReN bietet fachliche Unterstützung und Anleitung für die gesamte französische Verwaltung. Zuständige Stellen und Politikteams können sich in folgenden Bereichen an den PEReN wenden:
Technische Unterstützung bei der Nutzung digitaler Plattformen (z. B. Datenanalyse oder Programmentwicklung)
Forschung zu digitalen Plattformen
Austausch von Fachwissen zur Regulierung digitaler Plattformen
2022 hat das PEReN 70 Projekte in folgenden Bereichen durchgeführt:
Unterstützung bei der Ausarbeitung von Regelungstexten
Entwicklung von Tools zur Unterstützung der Rechtsetzung und Evaluierung
Bündelung von Ressourcen
Aufbau und Verbreitung von Wissen
Die Regierungen sollten ihre Verfahren für die Einstellung von Staatsbediensteten – insbesondere für Rechtsetzungsfunktionen – weiterentwickeln, um dem sich wandelnden Bedarf an Fachkompetenzen und Fachkräften gerecht zu werden. Die für die Ausarbeitung und Durchsetzung von Regelungen zuständigen Personen, von Politikberater*innen in den Ministerien der Zentralregierung bis hin zu Prüfbeauftragten, die direkt mit den regulierten Unternehmen in Kontakt treten, sind zuerst einmal Staatsbedienstete. Die Herausforderungen, die sich bei der Einstellung und Bindung dieser Bediensteten stellen, sind folglich großenteils die gleichen wie im öffentlichen Sektor insgesamt. Die vorliegende Evidenz lässt darauf schließen, dass die OECD-Länder begonnen haben, die Verfahren für die Einstellung von Staatsbediensteten anzupassen, um die Kompetenzen anzuziehen, die sie in einem sich wandelnden Umfeld benötigen (OECD, 2023[36]). Dazu gehört ein stärker zukunftsgerichteter Ansatz, um künftige Anforderungen zu antizipieren und mit angemessenen Vergütungspaketen darauf zu reagieren. Außerdem müssen die Kompetenzen flexibler entsprechend der sich verändernden Prioritäten eingesetzt werden, und Motivation und Leistung müssen belohnt werden.
Strategien zur Anwerbung und Einstellung von Fachkräften sind von entscheidender Bedeutung. Kontinuierliches Lernen und berufliche Entwicklungsmöglichkeiten sind aber genauso wichtig, um sicherzustellen, dass die Bediensteten über die für die Ausgestaltung und den Vollzug von Regelungen erforderlichen Kompetenzen verfügen. Lernmöglichkeiten und berufliche Aufstiegsmöglichkeiten können den öffentlichen Dienst attraktiver machen und dazu beitragen, die Kompetenzen des Bestandspersonals zu verbessern, damit sie mit den sich wandelnden Herausforderungen Schritt halten (OECD, 2023[36]). Einige Länder haben spezifische Konzepte für die Förderung der beruflichen Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten entwickelt. Im Vereinigten Königreich wurden für den öffentlichen Dienst beispielsweise mehrere nach Berufs- und Funktionsgruppen gegliederte Netzwerke eingerichtet, die die berufliche Weiterentwicklung der Bediensteten unterstützen. Die „Policy Profession Standards“ (Policy Profession, o. J.[37]) beschreiben die erforderlichen Kompetenzen und die Erwartungen, die an Staatsbedienstete im Bereich der Politikgestaltung in verschiedenen Stadien ihrer beruflichen Laufbahn gestellt werden und die sich auf drei Säulen verteilen: Strategie, Demokratie und Vollzug. Dies dient auch als Orientierungshilfe bei der beruflichen Weiterbildung durch geeignete Ausbildungsmodule, Postgraduiertenprogramme und einen Executive Master in Public Policy. Der Government Economic Service des Vereinigten Königreichs setzt sich für die Nutzung solider Daten und Analysen in der staatlichen Verwaltung ein, indem er einen fachlichen Rahmen und Berufsstandards sowie Lernmöglichkeiten bietet und die berufliche Weiterbildung von Ökonom*innen ressortübergreifend unterstützt (Government Economic Service, o. J.[38]).
Zusätzlich zu allgemeineren analytischen und verhaltensbezogenen Kompetenzen benötigen die für Rechtsetzungsfragen zuständigen Bediensteten auf allen staatlichen Ebenen auch Weiterbildung in Bezug auf die Nutzung spezifischer Tools und Best Practices zur Gestaltung, Umsetzung und Durchsetzung hochwertiger Rechtsvorschriften. Die Leistungsfähigkeit des Regelungsmanagements kann u. a. durch relevante Schulungsmöglichkeiten verbessert werden. In Kanada hat die Community of Federal Regulators beispielsweise ein berufliches Weiterbildungsprogramm (Professional Development Certificate) entwickelt. Außerdem hat sie Leitlinien für Ministerien und Behörden zur Einstellung von Fachkräften und Entwicklung von Kompetenzen im Bereich der Kosten-Nutzen-Analyse erarbeitet, um die Kabinettsrichtlinie zur Rechtsetzung besser umzusetzen (Centre for Regulatory Innovation, o. J.[39]).
Da die Anwendung empfehlenswerter Praktiken beim Vollzug und/oder der Ausarbeitung von Regelungen in vielen OECD-Ländern von entscheidender Bedeutung ist, ist der Kapazitätsaufbau in diesem Bereich auf allen staatlichen Ebenen, einschließlich der nachgeordneten Gebietskörperschaften, ebenfalls sehr wichtig. Zu diesem Zweck haben die OECD-Mitglieder verschiedene Mechanismen für den Austausch von Best Practices im Regelungsmanagement auf Ebene der nachgeordneten Gebietskörperschaften eingerichtet (Abbildung 5.6).
Abbildung 5.6. Mechanismen zum Austausch von Best Practices auf Ebene der nachgeordneten Gebietskörperschaften
Copy link to Abbildung 5.6. Mechanismen zum Austausch von Best Practices auf Ebene der nachgeordneten Gebietskörperschaften
Anmerkung: Die Daten beziehen sich auf 38 OECD-Länder. Als föderale Staaten gelten Australien, Belgien, Deutschland, Kanada, Mexiko, Österreich, die Schweiz und die Vereinigten Staaten. Die Europäische Union wurde nicht in den Daten berücksichtigt.
Quelle: Indicators of Regulatory Policy and Governance (iREG) Survey 2024.
Aktuell verfügen laut eigenen Angaben 20 Länder über mindestens einen Mechanismus, um Best Practices im Bereich des Regelungsmanagements auf Ebene der nachgeordneten Gebietskörperschaften auszutauschen oder zu fördern. 2021 waren es 17 Länder. Die am häufigsten verwendeten Mechanismen sind Workshops, Seminare und Konferenzen. Peer Learning, das Lernen voneinander, hilft Staatsbediensteten, Best Practices im Bereich des Regelungsmanagements zu übernehmen und auf diese Weise sicherzustellen, dass Regelungen positive Auswirkungen auf das Leben der Bürger*innen haben. Kasten 5.10 beschreibt, wie Kolumbien den Austausch empfehlenswerter Praktiken für bessere Rechtsetzung auf unterschiedlichen staatlichen Ebenen, einschließlich der nachgeordneten Gebietskörperschaften, fördert.
Um einen risikobasierten und verhältnismäßigen Regelungsvollzug zu gewährleisten, müssen diejenigen, die im Einzelfall entscheiden müssen, z. B. die Kontrolleur*innen, die nötigen Befugnisse haben, um in vertretbarem Rahmen nach eigenem Ermessen handeln zu können. Dieser – begrenzte – Ermessensspielraum gestattet es den für die Rechtsdurchsetzung zuständigen Bediensteten, situationsgerecht, unter Nutzung ihres gesunden Menschenverstands zu reagieren, indem sie die Merkmale, die bisherige Konformitätsbilanz und das Verhalten der Normadressaten berücksichtigen. Zugleich ist damit ein einheitlicher Entscheidungsprozess gewährleistet, der die Rechtskonformität ohne unnötige Härten fördert (Blanc und Cola, 2019[26]). Ziel ist es also mit anderen Worten, in vertretbarem Rahmen nach Ermessen entscheiden zu können, ohne dass die Gefahr einer Regulatory Capture, einer Vereinnahmung durch bestimmte Interessengruppen, entsteht (Blanc, 2020[40]). Dadurch können die für Regulierung und Konformitätsprüfung zuständigen Bediensteten, sofern dies möglich ist und die Faktenlage es gestattet, z. B. im Fall kleinerer, unbeabsichtigter Regelverstöße, mit weicheren Maßnahmen oder Orientierungshilfen antworten, anstatt gleich Bußgelder oder andere Strafen zu verhängen. Dies ist nicht nur wesentlich, um die Rechtskonformität und das Risikomanagement zu unterstützen, sondern stärkt auch die Legitimität gegenüber den Normadressaten.
Kasten 5.10. Best Practices in der Rechtsetzung durch Wettbewerbe fördern
Copy link to Kasten 5.10. Best Practices in der Rechtsetzung durch Wettbewerbe fördernIn Kolumbien hat die Nationale Planungsbehörde (Departamento Nacional de Planeación) 2021 zusammen mit der Lateinamerikanischen Entwicklungsbank einen Wettbewerb ins Leben gerufen, der Best Practices für bessere Rechtsetzung auf verschiedenen staatlichen Ebenen fördern soll. Teilnahmeberechtigt sind Initiativen öffentlicher, privater, öffentlich-privater und gemeinnütziger Träger zur Umsetzung von Instrumenten oder Strategien für bessere Rechtsetzung. Ziel ist es, Erfolgsbeispiele aufzuzeigen, zu verbreiten und ebenenübergreifend zu fördern. In der dritten Wettbewerbsrunde im Jahr 2023 gab es sieben Kategorien: 1. Institutionelle Umsetzung des Plans für bessere Rechtsetzung, 2. Gesetzesfolgenanalyse, 3. Ex-post-Evaluierung, 4. Konsultation und Einbeziehung der Öffentlichkeit, 5. Verkleinerung des Regelungsbestands, 6. Bürokratieabbau und Innovation in der Verwaltung und 7. Privatwirtschaftliche Initiativen. Die Eingaben werden von einer Jury aus Vertreter*innen der Nationalen Planungsbehörde Kolumbiens und der Lateinamerikanischen Entwicklungsbank, Fachleuten aus der Wissenschaft und internationalen Vertreter*innen bewertet, was die Legitimität und Transparenz des Verfahrens erhöht. Die Gewinner werden mit einer Urkunde ausgezeichnet und die prämierten Vorgehensweisen werden im Jahrbuch für gute Rechtsetzung (Anuario de Buenas Prácticas Regulatorias) veröffentlicht und über die nationalen Medien verbreitet.
Prämierte Rechtsetzungsverfahren auf subnationaler Ebene
Der Wettbewerb fand bislang dreimal statt, wobei die Zahl der eingereichten Beiträge subnationaler Behörden von 7 im Jahr 2021 auf 18 im Jahr 2022 anwuchs. Hier einige Beispiele:
Im Bereich Institutionalisierung erhielt 2021 die Stadtverwaltung von Medellín den ersten Preis für das Decreto 747 de 2021, mit dem Instrumente für bessere Rechtsetzung umgesetzt wurden. In der Kategorie Verkleinerung des Regelungsbestands ging der zweite Preis an Bogotá für die Aufhebung unnötiger Verwaltungsbestimmungen.
2022 ging der erste Preis in der Kategorie Institutionalisierung an die Stadtverwaltung von Pasto, weil es ihr gelungen war, alle von der Nationalen Planungsbehörde empfohlenen Instrumente für bessere Rechtsetzung umzusetzen. Die Behörde für Kultur, Sport und Freizeit von Bogotá erhielt den zweiten Preis für die systematische Einführung von Folgenabschätzungen und öffentlichen Konsultationen.
In der Kategorie öffentliche Konsultationen gewann 2022 die Stadtverwaltung von Pasto, weil sie den Konsultationsteilnehmenden Feedback gab und Medienkanäle nutzte. Der zweite Preis ging an Barranquilla für die Einrichtung eines eigenen Konsultationstools.
Der erste Preis in der Kategorie Bürokratieabbau ging 2022 an die Stadt Pasto für die Vereinfachung, Systematisierung und Digitalisierung von Lizenz- und Zulassungsverfahren. Der zweite Preis ging an die Region Cundinamarca für ihre Bemühungen um Transparenz und Berichterstattung.
Quelle: Development Bank of Latin America (2023[41]); Development Bank of Latin America und CAF und DNP (2022[42]; 2022[43]; 2021[44]).
Damit die zuständigen Bediensteten ihren Ermessensspielraum bestmöglich nutzen können, müssen ihnen geeignete Handreichungen gegeben werden. Im Vereinigten Königreich hilft das Enforcement Management Model (EMM) des Health and Service Executive, der britischen Arbeitsschutzbehörde, den Prüfbeauftragten dabei, risikobasierte Ermessensentscheidungen zu treffen (HSE, 2013[45]). Ein solches Modell wurde mit Unterstützung der OECD auch in Griechenland und Italien in verschiedenen Bereichen umgesetzt. Dabei wird ein Entscheidungsbaum mit klaren Kriterien und Parametern genutzt, um zu bestimmen, welche Maßnahmen in konkreten Fällen von Nichtkonformität angemessen sind. Abbildung 5.7 veranschaulicht, wie der EMM-Entscheidungsbaum den zuständigen Mitarbeitenden dabei hilft, Maßnahmen zu ergreifen, die dem Rechtsbefolgungsverhalten der Unternehmen und dem Risikoniveau angemessen sind.
Zusätzlich zu Orientierungshilfen benötigen die zuständigen Bediensteten auch die nötigen Befugnisse und Anreize, um Ermessensentscheidungen treffen zu können. In einigen Rechtssystemen sind einer effektiven Ermessensausübung jedoch Grenzen gesetzt. In Italien beispielsweise machen sich öffentlich Bedienstete strafbar, wenn sie bestimmte Amtshandlungen unterlassen bzw. verweigern. Dies gilt auch für Fälle, in denen es die Verantwortlichen für sinnvoller erachten, Orientierungshilfen zu geben, anstatt Strafen zu verhängen. Aus Angst vor Sanktionen zögern die öffentlich Bediensteten dann, risikobasierte, situationsgerechte und kollaborative Ansätze zu verfolgen (D’Alberti, 1989[46]) und entscheiden sich stattdessen für defensivere, bürokratischere Herangehensweisen (Lorenzoni, 2023[47]). So kann es geschehen, dass sie bewusst eine weniger gute Option wählen und zusätzliche Verfahrensschritte einbauen, um sich vor negativen Folgen zu schützen (Artinger, Artinger und Gigerenzer, 2019[48]). Dies führt zu Ineffizienzen und schafft Misstrauen zwischen öffentlichem und privatem Sektor.
Abbildung 5.7. Entscheidungsbaum des Enforcement Management Model für Unternehmen mit mittlerem Risiko
Copy link to Abbildung 5.7. Entscheidungsbaum des Enforcement Management Model für Unternehmen mit mittlerem Risiko
Quelle: Von der OECD gemeinsam mit dem griechischen Ministerium für Entwicklung entwickeltes Prüftool; Veröffentlichter Ministerialentscheid.
Legitimität gewinnen durch Verlässlichkeit
Wenn Institutionen zeigen, dass sie verlässlich sind, indem sie positive Effekte erzielen, stärkt dies das öffentliche Vertrauen in sie. Um diesen Tugendkreis von Vertrauen und Wirkung in Gang zu setzen und zu stärken, müssen sich die Regelungsinstanzen einen Ruf der Verlässlichkeit verschaffen. Sie müssen dafür sorgen, dass ihre Entscheidungen transparent, kohärent und ethisch sind, sodass die Betroffenen ihre Gründe und Folgen verstehen. Es geht jedoch nicht nur um die einzelnen Entscheidungen. Die Regelungsinstanzen müssen auch als leistungsstarke öffentliche Einrichtungen gesehen werden, die „ihr Geld wert sind“.
Eine verlässliche Regelungstätigkeit setzt ethisches Verhalten voraus. Wenn die Menschen sehen, dass Entscheidungen, die sich auf ihr Leben auswirken, nach ethischen Prinzipien getroffen werden, die von der Gesellschaft getragen werden, sind sie eher bereit, sie zu akzeptieren und zu befolgen. Damit steigt die Wirkung der Politik insgesamt. Wenn die Regelungsinstanzen jedoch keinen guten Ruf mehr genießen, ist es wenig wahrscheinlich, dass Unternehmen die Aufsichtsbehörden und/oder die Regeln ethischen Verhaltens ernst nehmen (Europäische Kommission, 2017[49]). Wie wichtig ethisches Verhalten seitens der Regelungsinstanzen ist, wurde in den letzten Jahren an einem Fall deutlich, in dem Aufsichtsversagen zu Flugunglücken geführt hatte. Der Hintergrund war, dass die Aufsicht zu einem großen Teil an die Industrie übertragen wurde, was die Frage nach Interessenkonflikten aufwarf (Kasten 5.11).
Kasten 5.11. Aufsichtsversagen in der Luftfahrt: Der Fall der Boeing 737 MAX und der US‑Luftfahrtbehörde FAA
Copy link to Kasten 5.11. Aufsichtsversagen in der Luftfahrt: Der Fall der Boeing 737 MAX und der US‑Luftfahrtbehörde FAANach den Abstürzen zweier Flugzeuge vom Typ Boeing 737 MAX 8 im Oktober 2018 und März 2019, bei denen insgesamt 346 Menschen ums Leben kamen, leitete der Verkehrsausschuss des US‑Kongresses eine Untersuchung ein. Diese ergab, dass sich die Luftfahrtbehörde FAA „mehrerer Aufsichtsversäumnisse und Rechenschaftslücken“ schuldig gemacht hatte, die bei den Flugunglücken eine maßgebliche Rolle spielten. Im Untersuchungsbericht wurde insbesondere bemängelt, dass die FAA die Zertifizierung der 737 MAX zu stark an Boeing selbst delegiert hatte, womit sie „die Wirksamkeit der Aufsicht untergrub und die öffentliche Sicherheit gefährdete“. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass Mitarbeitende von Boeing, die als „Bevollmächtigte“ der FAA agieren und die Zertifizierung im Namen der FAA übernehmen, wirklich „unabhängig von ihrem Unternehmen“ handeln könnten. Die Delegierung von Aufsichtsaufgaben an die Hersteller hat in der Luftfahrt zwar eine jahrzehntelange Tradition, angesichts der zunehmenden technischen Komplexität hatte die FAA aber in immer größerem Umfang davon Gebrauch gemacht. Die Untersuchung ergab auch, dass es Boeing gelungen war, der FAA kritische Informationen vorzuenthalten, darunter sogar die Existenz des für die Abstürze verantwortlichen Steuerungsprogramms MCAS (Maneuvring Characteristics Augmentation System). In öffentlich gewordenen internen E-Mails beklagten Boeing-Mitarbeitende die mangelnde technische Kompetenz der Behörde („Dieses Flugzeug wurde von Clowns entworfen, die von Affen beaufsichtigt wurden“). Im Januar 2024 kam es zu einem weiteren Unfall mit einer Boeing 737 MAX 9, der glücklicherweise keine Todesopfer forderte – eine Türblende hatte sich mitten im Flug gelöst, was zu einem Druckabfall in der Kabine führte und eine Notlandung erforderlich machte. Dies ließ Zweifel daran aufkommen, ob die nach den vorherigen Abstürzen erfolgten Änderungen im Modell der Verantwortungsübertragung ausreichend waren, um Verhaltensänderungen bei den Herstellern herbeizuführen.
Quelle: House Committee on Transport and Infrastructure (2020[50]); Rose (2024[51]).
Die Regelungsinstanzen betonen zunehmend, wie wichtig ethische Erwägungen in der Rechtsetzung sind. Sie ergreifen Schritte, um sicherzustellen, dass die getroffenen Entscheidungen objektiv, unparteiisch und rational sind und den gesellschaftlichen Werten entsprechen, was zu einem besseren Regelungsvollzug beiträgt (Whitton, 2001[52]). Ethisches Verhalten ist jedoch etwas anderes, als einfach Gesetze und Verfahren zu befolgen. Die zuständigen Stellen müssen konkrete Schritte unternehmen, um zu gewährleisten, dass ihr Handeln ethischen Prinzipien entspricht (Ashby, 2020[53]). Dazu gehört es, dass sie diese Prinzipien in eindeutig priorisierten Regeln verankern – d. h., dass sie einen klaren Zielekatalog festlegen, der für ihre Strategie gilt –, dass sie die Integrität aller Untersysteme sichern – was heißt, dass sie unangemessene Einmischung von außen in ihre Entscheidungsfindung verhindern, Überwachungsmechanismen einrichten und bei Verstößen reagieren müssen – und dass ihr Verhalten transparent sein muss, d. h., dass sie in der Lage sein müssen, im Nachhinein zu belegen, wie und auf welcher Grundlage ihre Entscheidungen getroffen wurden.
Wenn eine Behörde im Ruf steht, ethisch und verlässlich zu handeln, ermöglicht ihr das auch, wirkungsvollere und stärker auf Kooperation ausgelegte Formen des Regelungsvollzugs zu nutzen. Abschreckende Maßnahmen oder Strafen sind im Allgemeinen, außer bei sehr klaren Fällen unethischen Verhaltens, weder die wirkungsvollste Methode, um Verhaltensänderungen und bessere Ergebnisse herbeizuführen, noch entsprechen sie dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit: Es könnte zu unbeabsichtigten Effekten kommen, die in keinem Verhältnis zur Art und Schwere des Regelverstoßes stehen. Ein „Naming and Shaming“ kleiner Unternehmen im Fall nicht schwerwiegender Verstöße könnte deren Ruf und Kundenbasis erheblich schaden und sie zur Geschäftsaufgabe zwingen, was eindeutig unverhältnismäßig wäre.
Die Rechtsdurchsetzung sollte auf Kooperationsmechanismen beruhen und eine Kultur des „verbesserungsorientierten Lernens“ fördern, die den Normadressaten bei der Einhaltung der Vorschriften hilft. Das wirkungsorientierte Konzept des kooperationsbasierten Regelungsvollzugs stützt sich auf wissenschaftliche Daten zum menschlichen Verhalten und gründet sich auf den Gedanken, dass durch die Zusammenarbeit mit den betroffenen Akteuren gemeinsame Ziele und Zwecke erreicht werden können. Die zentrale Annahme hinter diesem Modell ist, dass Zusammenarbeit Vertrauen voraussetzt und das Vertrauen wiederum Belege dafür voraussetzt, dass sich die Beteiligten ethisch verhalten (Hodges, 2022[54]). Dadurch haben die beteiligten Akteure Anreize, in einem von Vertrauen und Respekt geprägten Umfeld zusammenzuarbeiten, Risiken und Probleme zu benennen, gemeinsame Lösungen vorzuschlagen und insgesamt bessere Ergebnisse zu erzielen.
Die Nutzung korrekter Daten ist ein weiteres wichtiges Element, um konsistente Regelungsentscheidungen zu gewährleisten und ein Gefühl der Verlässlichkeit zu vermitteln. Die zuständigen Stellen können Daten sowohl für die allgemeine Politikausrichtung als auch für Einzelfallentscheidungen nutzen. Ein datengestützter Ansatz (OECD, 2021[28]) ermöglicht „intelligente“ und wirksame regulatorische Antworten und erhöht deren „Vorhersehbarkeit“. Um dieses Potenzial zu erschließen, müssen die Daten jedoch von ausreichender Qualität sein, aus geeigneten Quellen stammen und gegebenenfalls vergleichbar sein. Daher sind belastbare Mechanismen für die Datenerhebung erforderlich, die den einschlägigen Datenschutz- und Vertraulichkeitsanforderungen gerecht werden und durch Methoden für die Auswertung und Auslegung ergänzt werden. Zudem müssen die zuständigen Stellen in der Lage sein, klar verständlich zu erklären, wie sie die Daten genutzt haben, damit die Nachverfolgbarkeit der Informationen und Entscheidungen gewährleistet ist.
Die Nutzung von Daten und anderen Formen von Evidenz kann die Konsistenz und Vorhersehbarkeit regulatorischer Entscheidungen erheblich verbessern. Da diese Entscheidungen aber letztlich von Menschen getroffen werden, kann es dennoch zu Unstimmigkeiten kommen. Beispielsweise kann es sein, dass verschiedene Kontrollbeauftragte bei der Prüfung des gleichen Sachverhalts zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen. Die dadurch entstehende Inkonsistenz kann die Wirksamkeit der jeweiligen Entscheidung beeinträchtigen und dazu führen, dass die Kontrollbehörde als weniger verlässlich wahrgenommen wird. Um dem Rechnung zu tragen, haben einige Stellen Schritte unternommen, um das „Rauschen“ in der Entscheidungsfindung zu messen und zu verringern (Kasten 5.12).
Verlässlichkeit setzt auch ein angemessenes institutionelles Fundament voraus, das es den Zuständigen ermöglicht, die in sie gesetzten Erwartungen zu erfüllen und ihre Ziele effizient zu erreichen. Regelungen werden vielfach von Behörden bzw. Agenturen vollzogen und umgesetzt, die nicht auf der zentralen staatlichen Ebene angesiedelt sind und von ihr (in unterschiedlichem Umfang) unabhängig sind, um eine politische Beeinflussung der Einzelentscheidungen zu verhindern. Die spezifischen Rahmenbedingungen der Tätigkeit dieser Stellen, z. B. ihre (satzungsmäßigen) Ziele und Pflichten, ihre Befugnisse, ihre Aufgaben und ihre Finanzierung, haben Auswirkungen darauf, wie wirkungsvoll sie dem öffentlichen Interesse dienen können. Auch wenn jede Regelungsinstanz anders ist, gibt es doch eine Reihe von Governanceprinzipien, die für effizientes und effektives regulatorisches Handeln immer von entscheidender Bedeutung sind. Dies sind: klare Aufgaben, eine effektive Entscheidungs- und Governancestruktur, die regulatorische Integrität sichert, die Verhinderung unzulässiger Einflussnahme, Vertrauenswürdigkeit, Rechenschaftspflicht und Transparenz, Akteursbeteiligung, angemessene Finanzierungsmechanismen und Leistungsbewertung (OECD, 2014[55]).
Kasten 5.12. Messung des „Rauschens“ in Entscheidungsprozessen
Copy link to Kasten 5.12. Messung des „Rauschens“ in EntscheidungsprozessenDas Konzept des „Rauschens“ bezieht sich auf die Tatsache, dass ein und derselbe Sachverhalt von verschiedenen Personen unterschiedlich eingeschätzt werden kann. Anders als ein „Bias“, das sich leichter erkennen und beheben lässt, bleibt Rauschen oft unerkannt. Gelingt es, sowohl Bias als auch Rauschen zu verringern, können bessere Entscheidungen getroffen werden, was sich positiv auf die regulatorische Leistung und den Regelungsvollzug auswirkt.
In Italien läuft in der Lombardei aktuell ein Experiment, um das „Rauschen“ bei Lebensmittelsicherheitskontrollen zu messen. Ziel ist es, die Schwankungsbreite der Einschätzungen unterschiedlicher Kontrolleur*innen zu verringern, um zu einem kohärenten und konsistenten evidenzbasierten Urteil zu gelangen. Dies stärkt die Qualität der Kontrollen, erhöht das Vertrauen der kontrollierten Betriebe und verbessert den Regelungsvollzug.
Das Experiment soll es ermöglichen, ein Modell für die Unterdrückung des Rauschens zu entwickeln, den Kontrollbeauftragten zusätzliches Schulungsmaterial und Informationen an die Hand zu geben und zu prüfen, ob die bei den Kontrollen verwendeten Bewertungsformulare hinreichend ausgewogen sind. Das Gesamtziel ist dabei, die Subjektivität in der Urteilsäußerung zu verringern und damit die Qualität der Beurteilung selbst zu erhöhen und einen fairen Kontrollprozess zu gewährleisten, ohne dadurch den Ermessensspielraum der Kontrolleur*innen zu schmälern.
Anmerkung: Basiert auf Kahneman, Sibony und Sunsten (2021[56]).
Regelmäßige Leistungsbeurteilungen und Rechenschaftsmechanismen sind unerlässlich, um sicherzustellen, dass die Regelungsinstanzen ihren Auftrag auf Dauer wirksam erfüllen und verlässlich kommunizieren können. Besonders wichtig ist dies in Zeiten, in denen sie neben ihrer eigentlichen Aufgabe eine ständig länger werdende Liste anderer Erwartungen (und manchmal auch Pflichten) erfüllen müssen, beispielsweise auf Klimaneutralität hinzuwirken. Eine externe Prüfung kann helfen, relative Stärken ebenso wie Bereiche aufzuzeigen, in denen noch Verbesserungsbedarf besteht. Transparente Prüfungen erleichtern die Rechenschaftslegung über die Leistung der betreffenden Stelle und der öffentlichen Verwaltung insgesamt. Eine effektive Prüfung kann je nach den konkreten institutionellen Gegebenheiten über eine Vielzahl von Mechanismen gewährleistet werden, z. B. durch parlamentarische Ausschüsse oder durch unabhängige externe Prüfstellen. Das Performance Assessment Framework der OECD für Wirtschaftsregulierungsbehörden bietet einen konsistenten Rahmen für Prüfungen anhand internationaler Best Practice, um die regulatorische Leistung zu steigern (Kasten 5.13).
Kasten 5.13. Verbesserung von regulatorischer Leistung und Governance durch externe Prüfungen: Das Performance Assessment Framework der OECD für Wirtschaftsregulierungsbehörden
Copy link to Kasten 5.13. Verbesserung von regulatorischer Leistung und Governance durch externe Prüfungen: Das Performance Assessment Framework der OECD für WirtschaftsregulierungsbehördenDas Performance Assessment Framework for Economic Regulators (PAFER) der OECD ist ein Instrument, das dabei helfen soll, die Goverancestrukturen und die Leistung von Regulierungsbehörden zu bewerten, Rechenschaftsstandards zu erfüllen und Bereiche aufzuzeigen, in denen Verbesserungsbedarf besteht. PAFER berücksichtigt die sieben Best-Practice-Grundsätze für die Governance von Regulierungsbehörden (OECD, 2014[55]). Jeder Grundsatz wird im Hinblick auf eine der vier Säulen der PAFER-Methode untersucht: 1. Aufgabe und strategische Ziele der Regulierungsbehörde, 2. Inputs (z. B. finanzielle Mittel), 3. Verfahren (z. B. Akteursbeteiligung), 4. Outputs und Wirkung (z. B. erfüllte Regulierungsaufgaben oder Wirkung der Regulierungspolitik).
Vor ein paar Jahren führte die OECD eine PAFER-Prüfung der brasilianischen Regulierungsbehörde für die Strommärkte (ANEEL) durch. Dabei wurden Empfehlungen zu jeder der vier Säulen formuliert (OECD, 2021[57]). Die ANEEL ist Brasiliens älteste unabhängige Aufsichtsbehörde und zuständig für die Regulierung der Erzeugung, Übertragung, Verteilung und Vermarktung von Strom. Ausgehend von einer Analyse der bestehenden Governancestrukturen der ANEEL und des Sektorkontextes wurde Folgendes empfohlen: Die ANEEL sollte eine übergreifende, zukunftsgerichtete Strategie festlegen, durch flexible Regulierungskonzepte Innovationen fördern, durch eine klare Aufgaben- und Zuständigkeitsverteilung eine bessere Koordinierung gewährleisten und staatliche sowie nicht staatliche Akteure einbeziehen, um die Relevanz ihrer Maßnahmen als unabhängige Regulierungsbehörde für den Sektor zu stärken. Darüber hinaus wurden u. a. Empfehlungen in Bezug auf die finanziellen und personellen Ressourcen der ANEEL, ihre Organisationsstruktur sowie Leistungsindikatoren formuliert (OECD, 2021[57]).
Wie im Best-Practice-Grundsatz der OECD zur Leistungsevaluierung verankert, ist es wichtig, dass Regulierungsbehörden ihre Leistung messen und evaluieren und dass sie sich über die Auswirkungen ihrer Entscheidungen im Klaren sind.
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